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Vom Handwerk der Bildgestaltung

Nach Jahrzehnten ein Kinderbuch noch einmal zur Hand zu nehmen, im Hinterkopf, was man damals gelesen hat, und es auf neuer Ebene zu begreifen, ist, taugliches Buch vorausgesetzt, eine der erfüllendsten Reisen. Gleiches müsste allem Ermessen nach fürs Kino gelten, und vieles an Wes Andersons jüngstem Filmspross stimmt auch sehr zuversichtlich, dass er sich einem solchen Wieder-Sehen stellen könnte.

Mit „Der fantastische Mr. Fox“ hat sich der Amerikaner einen Klassiker von Roald Dahl, unter anderem Autor von „Charlie und die Schokoladenfabrik“, vorgenommen und ihn sich zu eigen gemacht. Soll heißen: Weiterhin dreht sich alles um den cleveren Fuchs, der es mit Boggis, Bunce und Bean, den drei berüchtigsten Hühnerbauern des Landstrichs, zu tun bekommt. Als sie ihn, seine Familie und auch die anderen Tiere der Nachbarschaft belagern, überlistet Fuchs sie aus dem Untergrund.

Nahtlos setzt Anderson dem jedoch das für sein Schaffen bestimmende Element hinzu: eine Beziehung zwischen Vater und Sohn, die errichtet werden muss. Und er häuft Details an – es ist kein Wunder, wenn eine seiner Figuren fragt, was hier der Subtext sei, mehr ein Insiderwitz. Ebenso vielschichtig ist auch der willentlich anachronistische Stopptrick, in dem die Geschichte abläuft: Anderson lässt durch die Auslassung technischer Möglichkeiten das Handwerk der Bildgestaltung spüren.

Sein Stil ist dabei nur noch pointierter als in seinen Realfilmen, sowohl in den Kulissen, die oft wie Längsschnitte, wie Dioramen wirken, als auch in den Bewegungen, die jede Ansicht noch mehr verflachen. Mit seinem Dahl-Ansatz ist Anderson ein zutiefst befriedigender, rhythmischer Film für ältere Kinder wie auch wesentlich Ältere gelungen; einer jener wenigen, die sich ungeniert reich nennen dürfen. (Thomas Taborsky)

Der fantastische Mr. Fox (Fantastic Mr. Fox)

USA/GB 2009. Regie: Wes Anderson. Verleih: Centfox. 87 Min.

Film gewordener Ratgeber-Artikel

„Auf der anderen Seite des Bettes“ war ein großer Hit in Frankreich. In der platten und biederen Ehekomödie werden die Geschlechterverhältnisse – speziell in Zusammenhang mit der Koexistenz von Mann und Frau unter einem Dach – augenzwinkernd unter die Lupe genommen. Ariane (Sophie Marceau) ist eine frustrierte Hausfrau und Mutter, ihr Mann Hugo (Dany Boon) ein überarbeiteter Manager. Um ihre Ehe zu retten, wagen sie einen Rollentausch: Sie übernimmt die Firma, er den Haushalt. Und siehe da – nach einigen Anlaufschwierigkeiten kommen beide mit ihrer neuen Rolle gut zurecht. Allerdings fühlt sich Hugo pudelwohl als Hausmann und Teilzeit-Schmuckverkäufer, während Ariane erkennen muss, dass das Leben eines Großverdieners auch seine Schattenseiten hat, nämlich den nahezu völligen Verzicht auf die Nähe zu den Kindern. Ein Film gewordener Ratgeberartikel aus einer Frauenzeitschrift. Einziger Pluspunkt der Komödie mit Starbesetzung ist, dass nicht wie üblich auf die Männer hingehauen wird. (Michael Kraßnitzer)

Auf der anderen Seite des Bettes (De l‘autre côté du lit)

F 2009. Regie: Pascale Pouzadoux. Mit Sophie Marceau, Dany Boon.

Verleih: Filmladen. 93 Min.

Der graue Schleier des Tsunamis

In „Wonderful Town“ ist für Hotelbesitzerin Na gar nichts wundervoll: Nur selten verirrt sich ein Gast in die unscheinbare Herberge, in der sie täglich Betten überzieht, Zimmer aufräumt und Wäsche wäscht – Alltagstristesse pur. Erst als ein junger Architekt aus Bangkok bei ihr Quartier bezieht, gerät ihr monotones Leben plötzlich in Fluss; entwickelt sich eine leidenschaftliche Liaison, die mit einem tödlichen Drama endet. Vor dem Hintergrund der thailändischen Tsunami-Katastrophe 2004 inszeniert Regiedebütant Aditya Assarat ein „Zwei-Personen“-Stück, das neben der emotionalen Beziehung der Protagonisten die soziale Dynamik und gesellschaftliche Folgewirkung der zerstörerischen Wassermassen deutlich macht. Bereits die erste elegische Kameraeinstellung auf tänzelnde Meeresbewegungen deuten Duktus und Stoßrichtung an: Allegorisch und mit kontemplativen Bildkompositionen versucht der asiatische Filmemacher, dem Zuseher ein Gefühl für die „Tabula-rasa“-Stimmung in den vom Tsunami verwüsteten Gebieten zu vermitteln. Ein grauer Schleier, der sich nicht nur über das Liebesglück der beiden Protagonisten legt, sondern leider auch über Assarats Inszenierungsstil. (Jürgen Belko)

Wonderful Town

Thailand 2007. Regie: Aditya Assarat. Mit Anchalee Saisoontorn, Supphasit

Kansen. Verleih: Stadtkino. 92 Min.

Doch nur royaler Kitsch

Nach außen hin muss alles perfekt sein. Die Kutsche vorgefahren, der Weg des Brautpaares gesäumt von Militär und politischen Würdenträgern, ein glückliches Lächeln auf dem Gesicht der hochadeligen Vermählten. Eine royale Inszenierung, für das Volk, für die Krone. Das war am vergangenen Wochenende bei der Hochzeit der schwedischen Kronprinzessin Victoria so, und auch bei ihrer britischen Namensvetterin, der Königin Victoria von England, vor über 170 Jahren. Hinter der Fassade und dem glücklichen Lächeln haben aber auch royale Souveräne Probleme: Im Fall von Victoria waren es ihre jugendliche Unerfahrenheit, ihre Lebensfreude und ihr familieninterner Machtkampf, die ihr das Leben in den ersten Regierungsjahren schwer machten. Zu sehen in Jean-Marc Vallées Kostümfilm „Young Victoria“, in dem Emily Blunt als junge Königin überzeugt. Der Film zeigt, wie der deutsche Prinz Albert (Rupert Friend) zunächst aus taktischen Gründen die Nähe der Königin sucht – und sich die beiden schließlich wahrhaftig ineinander verlieben. „Young Victoria“ wäre dank der stimmigen Besetzung ein kurzweiliges Adelsporträt geworden, wenn Regisseur Vallée nicht den gesamten Score mit nervtötend-wuchtigem Orchester-Bombast zugekleistert hätte. Also doch bloß royale Kitschromanze. (Matthias Greuling)

Young Victoria (The Young Victoria)

GB/USA 2009. Regie: Jean-Marc Vallée. Mit Emily Blunt, Rupert Friend. Verleih: Polyfilm. 104 Min.

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