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FRANZ JOSEF II. / EIN FÜRST FEIERT GEBURTSTAG

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„Für einen echten Republikaner", schrieb eine angesehene Schweizer Wochenzeitung, „der sich an Fürstenhochzeiten und Königsskandalen gegeistert, hat eine Monarchie immer etwas fremdländisch Prickelndes, aber wer die Geschichte des Fürstentums Liechtenstein durchgeht,

spürt recht wenig davon." Der Ruf des Fürstentums am Rhein, das seit 23. Jänner 1719 selbständig ist, ist denn auch weit weniger von romantischen Disneyland-Vorstellungen als von nüchternem kommerziellen Denken geprägt.

Wer weiß übrigens in Österreich, daß Liechtensteins Soldaten noch 1866 treue Verbündete der kaiserlichen Weißröcke gegen Italien waren, wer kennt überhaupt die engen Bindungen, die das kleine Land mit Österreich verbinden? Bis 1938, als Fürst Franz Josef II. die Nachfolge seines Großonkels antrat, wurde Liechtenstein von Wien aus regiert, vom heiteren Sommerpalais in der Roßau oder vom dunkelernsten Winterpalais in der Bankgasse aus. Und Franz Josef II., dessen 60. Geburtstag am 16. August das ganze Land mit einem richtigen Volksfest feiert, wurde in Frauenthal in der Steiermark geboren, besuchte dann das Wiener Schottengymnasium und erhielt schließlich 1929 an der Hochschule für Bodenkultur das Ingenieurdiplom.

Am 30. März 1938 dann übergab der bereits todkranke Franz I. die Regentschaft seinem Großneffen, am 25. Juli 1938 übernahm dieser nach dem Tod des Fürsten die Regierungsgeschäfte, in ernster Stunde, da man nach dem Anschluß Österreichs auch auf Liechtenstein den schweren Schatten Deutschlands fallen sah. Anfang 1939 planten liechtensteinische Hitler-Anhang er einen „Marsch auf Vaduz“, doch der damalige Landtagspräsident Kanonikus Frömmelt ließ fünf Rädelsführer kurzerhand einsperren. Zu einem Prozeß freilich kam es nicht, da der frühere österreichische Minister Glaise-Horstenau den Fürsten gebeten hatte, davon abzusehen. So wurden die fünf anschlußfreudigen Liechtensteiner einfach abgeschoben: Einer von ihnen ist an der Front gefallen, zwei sind, als sie ihren Irrtum erkannt hatten, von den Nationalsozialisten umgebracht worden, die letzten beiden leben nun wieder im Fürstentum und dürften den Anschlußtraum wohl ausgeträumt haben.

Der Krieg hat das Land ver schont, doch die Güter des Fürsten in der Tschechoslowakei wurden beschlagnahmt. Der Grund: Ein Liechtensteiner sei ein Deutscher. Ein billiges, fadenscheiniges Argument nur. Denn seit die Landesfürsten nicht mehr in Wien oder auf einem böhmischen oder mährischen Schloß leben, seit nicht mehr ein fürstlicher Verwalter, der das Land kaum kennt, im Namen des Fürsten regiert, sondern seit der Fürst mit seiner Familie auf dem Schloß Vaduz residiert und der parlamentarische Regierungschef schon durch die Verfassung ein gebürtiger Liechtensteiner sein muß, ist, wie der Schweizer Journalist Alphons Matt feststellte, ein echtes liechtensteinisches Nationalbewußtsein herangewachsen.

An seinem Geburtstag nun dankt das Volk von Liechtenstein seinem Fürsten dafür, daß er gehalten hat, was er am 25. Juli 1938 gelobt hat: Ein gerechter Fürst zu sein, der die verfassungsrechtlich garantierten Freiheiten wahren wolle.

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