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,,…gilt’s für gutes Gold?”

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Unter der Devise „Gold und Silber” veranstaltete Fürstin Pauline Mettemicht eine ihrer Redouten, deren in vollwertigen Banknoten fließendes Erträgnis der Wohltätigkeit gewidmet war. Seit Einführung der Kronenwährung 1892, die mit dem Namen des Finanzmiinisters Emil von Steinbach verbunden ist, wurden die Banknoten gegen Gold eingelöst, aber nach kurzer Zeit strömten die Goldstücke wieder in die Österreichisch-Ungarische Bank zurück, denn das Papiergeld war handlicher:

„Man wird sich nicht mit Bürs’ und Beutel plagen, Ein Blättchen ist im Busen leicht zu tragen.”

Die Währungsreform bezweckte die Anlage eines Goldschatzes, der nicht der Zirkulation, sondern der Aufrechtelfhaltung der gesetzlichen Relation zum Papiergeld dienen sollte und zugleich der unauffälligen Beschaffung eines Kriegsschatzes. Steinbach ist der Schöpfer der „hinkenden Währung”, die von Georg Kopp, der Steinbachs Leistung bewunderte, theoretisch untermauert wurde. 1895 war der Notenumlauf von 809 Millionen Kronen mit 53 Prozent in Gold gedeckt. In diesem Jahr erzielte die der Geldbeschaffung dienende Rente den nie dagewesenen Kurs von 119.

Der Übergang zur Goldwährung entsprach dem unwiderstehlichen Zug der Zeit und befreite die Wirtschaft von Valutaschwankungen. Es folgten zum erstenmal in der Monarchie Jahrzehnte der Wertbeständigkeit des Geldes. Vorher und nachher trieben die Staatsfinanzen bald in sanfter, bald in stürmischer Wellenbewegung dem Bankrott zu, der dem Staat ermöglichte, was er in guter Währung erborgte, in minderer zurückzuzahlen.

An der Spitze der Weisen Griechenlands steht Solon, und seine Weisheit offenbart sich augenscheinlich in der Seisachtheia, der Lasten- aibschüttelung durch Abwertung des athenischen Talents um ein Viertel. Es spricht nicht für die Dankbarkeit der Regierungen, daß in keinem Finanzministerium der Welt eine Büste des griechischen Weisen zu sehen ist.

Vor der Erfindung des Papiergeldes, das man nicht zu verändern braucht, um es zu entwerten, behalf man sich mit der Münzverschlechte- rung durch Legierung. Die Untertanen verschlechterten die Münzen auf einfachere Art durch Abfeilen der Ränder, eine Arbeit, die sich durch den gewonnenen Goldstaub lohnte. Diesem Unfug bereiteten, zuerst im England des 17. Jahrhunderts, Rondierung und Umschrift ein Ende.

Ohne Geld läßt sich schwer Krieg führen. Der böhmische Statthalter Fürst Karl Liechtenstein fand, von dem Prager Bankier Jakob Bassevi beraten, die Quelle zur Speisung des Kriegsschatzes. Man brauchte nur aus einer Mark Silber statt 46 fl., wie bisher, 70 fl. zu schlagen. An die Spitze des Münzkonsortium, welches 1622 zu diesem Zwecke gebildet wurde, trat der Finanzmann Wallensteins, Hans de Witte, dessen Wiege in Antwerpen stand. Bassevi mußte hinter ihn zurücktreten und erhielt als Pflaster als erster Jude den Adel mit dem Prädikat „von Treuenberg”.

An den Beratungen in Wien nahm Kaiser Ferdinand II. teil. Die Hofkammer schloß mit Hans de Witte ab. Das Konsortium zählte 15 Mitglieder: Liechtenstein, Wallenstein, den Präsidenten und die Räte der Hofkammer, den Landmarschall von Niederösterreich und andere hohe Würdenträger sowie de Witte und Bassevi. Das Konsortium pachtete alle Münzstätten in Böhmen, Mähren und Niederösterreich und erhielt das Monopol für den Silbereinkauf im Ausland. Für die älteren Münzen galt Ablieferungszwang. Wallenstein kaufte im Jahr der „langen Münze”, 1622, fünfzig konfiszierte Güter in Böhmen, auch Eggenberg vergrößerte seine Krumauer Herrschaft durch Zukauf. Das Publikum ließ sich nicht täuschen, es erkannte sehr bald die Minderwertigkeit des neuen Geldes. Die Folgen der Inflation traten ein, schon 1623 wurde die weitere Ausprägung der geringhaltigen Münzen verboten und seither nur noch vollwertiges Geld geprägt.

Die Hofkammer beabsichtigte in ihrer ständigen Geldnot, die Mitglieder des Konsortiums zur Sanierung der Finanzen heranzuziehen und erhob die Beschuldigung, es wären die Münzen geringhaltiger, als im Vertrag vorgesehen, ausgeprägt worden. Wallenstein wußte sich zu helfen. Er ließ von seinen Forderungen an den Kaiser 200.000 fl. nach und dieser verzichtete auf alle Ansprüche aus der geringhaltigen Münze und den erworbenen Herrschaften. Aber gegen Liechtenstein wurde ein Verfahren eröffnet, das mit Unterbrechungen bis 1665 dauerte. Die Erben Liechtensteins sollten an Kapital und Zinsen 31 Millionen zahlen, erhielten aber nach einem Vergleich mit 275.000 fl. das Absolutorium. Die Folgen des gegen Liechtenstein, der wegen seines Reichtums als Sündenbock diente, geführten Prozesses war, daß der begüterte Adel und auch, die reichen Klöster sich hüteten, vom Kaiser erbetene Kriegsanleihen zu zeichnen.

Für die Untertanen, die man heute Steuerträger nennt, besitzt das Jahr 1761, in welchem unter Maria Theresia der Bancozettel eingeführt wurde, eine Bedeutung, welche ein 200jähri- ges Jubiläum verdient hätte. Das Papier wurde das Mittel, die Ersparnisse des Bürgerfleißes, ohne sie aus der Tasche oder der einbruchssicheren Kasse zu ziehen, zu entwerten und dadurch den Staat zu entschulden. Im „Faust”, Zweiter Teil, klagt der Marschalk:

„Welch Unheil muß auch ich erfahren!

Wir wollen alle Tage sparen

Und brauchen alle Tage mehr.”

Mephisto bringt mit dem Teufelswerk Papier die Rettung. Der Schatzmeister jubelt: „Ich liebe mir den Zaubrer zum Kollegen” und der Kaiser ruft:

„Und meinen Leuten gilt’s für gutes Gold?

Dem Heer, dem Hof genügt’s zu vollem Sold?

Ich ahne Frevel, ungeheuren Trug!”

Nach dem Siebenjährigen Krieg wurde der Bankrott durch den geschäftskundigen Franz I. vermieden. Erst langsam führte der Bancozettel 1811 zum Staatsbankrott. Das Finanzpatent des Grafen Wallis setzte den Wert des Bancozettels auf ein Fünftel herab, zu früh, denn der Krieg, den man beendet glaubte, lebte wieder auf und mit ihm die Inflation.

Erst 1858 gelang es dem Finanzminister Bruck, die Valuta wiederherzustellen und die Aufnahme der Barzahlungen zu ermöglichen. Der Neujahrstag 1859 machte das Erreichte mit den wenigen Worten von Napoleon III. an Baron Hübner zunichte: „Ich bedaure, daß unsere Beziehungen nicht so gut sind, als ich es wünschte, ich bitte Sie aber, nach Wien zu berichten, daß meine persönlichen Gefühle für den Kaiser immer die gleichen sind.” Damit war der Ausgang des Krieges, der fünf Monate später ausbrach, entschieden. Die Kurse der österreichischen Staatspapiere stürzten im April bereits auf die Hälfte, das Silberagio stieg im Mai auf 40 Prozent. In den ersten Tagen des Feldzuges schrieb ein Finanzmann: „Wahrlich, mit seltener Geschicklichkeit; hatte sich Napoleon III. den Zeitpunkt gewählt, um einen furchtbaren Schlag auf Österreichs Volkswirtschaft zu führen, noch bevor eine seiner Kanonen gegen unser hochherziges Heer losgefeuert war.”

Der Weg führt vom Joachimstaler zum Dollar. Der vom Grafen Schlick im 15. Jahrhundert geprägte Joachimstaler wurde, kurz Taler genannt, das Urbild der führenden Münze. Der Name erhielt sich im Dollar, der nach dem Muster des mexikanischen Talers geprägt wurde, welcher die Säulen des Herkules mit dem sie verbindenden Spruchband und der Devise PLUS ULTRA zeigt und eine Erklärung für das Zeichen bietet. Nach diesem Motto richtet sich in unseren Tagen der innere Wertverlust der Weltwährungen.

Früher war es der Krieg, der verlorene und oft auch der gewonnene, der auf Kosten der Staatsgläubiger und Steuerzahler ging. Unsere Zeit hat gelehrt, daß Staaten auch im tiefsten Frieden die Währung untergraben können. Dies zu verhindern ist die Aufgabe des Wohlfahrtsstaates im Dienste der sozialen Gerechtigkeit, wie es dem alle Erdteile erfassenden Zeitgeist entspricht.

Der Leser möge mir verzeihen, daß ich einige Male Goethe sprechen ließ. Man findet im „Faust” für alle Ereignisse unserer Tage ein Zitat, darunter eines, daß auf die Wohlstandsdemokratie und sogar auf den jugendlichen Helden Dutschke paßt:

„Man freut sich, daß das Volk sich mehrt, Nach seiner Art behaglich nährt, Sogar sich bildet, sich belehrt — Und man erzieht sich nur Röbellen.”

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