Werbung
Werbung
Werbung

Die Beschäftigungsinitiativen r.u.s.z und d.r.z zeigen im Kleinen, wie Nachhaltigkeit im Bereich Umwelt und Arbeitsmarkt aussehen könnte.

Von nachhaltiger Entwicklung im Sinne eines ausgeglichenen Verhältnisses zwischen Ökologie, Ökonomie und sozialen Belangen, wie es die "Agenda 21" der un-Konferenz in Rio 1992 anstrebt, ist weltweit wenig zu bemerken: steigende Arbeitslosigkeit, die immer größere Kluft zwischen Arm und Reich, die Wegwerfmentalität, der achtlose Umgang mit Ressourcen und der drohende Klimawandel. Doch was im Großen so unerreichbar wirkt, konnte im Kleinen schon gelegentlich erfolgreich umgesetzt werden. So tragen zum Beispiel die Wiener Beschäftigungsinitiativen r.u.s.z (Reparatur- und Service-Zentrum) und d.r.z (Demontage- und Recycling-Zentrum) sowohl zur Lösung arbeitsmarktpolitischer Probleme bei, in dem langzeitarbeitslose Menschen eine Qualifizierung im Reparaturbereich erhalten, als auch zur Ressourcenschonung durch längere Nutzung von Elektrogeräten beziehungsweise deren Vorbehandlung für eine umweltfreundliche Entsorgung.

Massive Nachfrage

"Das große Schloss der Reparatur-Gesellschaft in Österreich befand sich lange in einem Dornröschenschlaf. Man musste es nur zum Leben erwecken." Sepp Eisenriegler, Geschäftsführer der beiden Beschäftigungsinitiativen, war bei der Gründung des r.u.s.z im Jahr 1998 zwar guter Dinge, dass Reparatur-Dienstleitungen auf Akzeptanz stoßen würde, aber er war keineswegs darauf gefasst, eine derart massive Nachfrage auszulösen, dass man nicht alle Anfragen von Kunden bewältigen konnte.

Diese Nachfrage lasse darauf schließen, dass es ein reelles Bedürfnis nach seriösen Reparaturen gebe, das bis dahin nicht abgedeckt worden war. Die typischen Wiener Hinterhof-Reparaturbetriebe waren kaum bekannt und die Alternative waren die Kundendienste der Hersteller, doch diese "sind bekanntlich der verlängerte Arm der Verkaufsabteilung", so Eisenriegler. Bei defekten Geräten werden oft falsche Diagnosen gestellt, um die Reparatur unlukrativ erscheinen zu lassen und den Kunden dazu zu bewegen sich ein neues Gerät zu kaufen. "Bis zu einem gewissen Grad wird hier zu Lasten der Konsumenten Schindluder betrieben." Das r.u.s.z bietet mittlerweile auch Reparaturkurse an, die den Teilnehmern ermöglichen, ihre Geräte selbst herzurichten und ihnen das nötige Wissen vermitteln, um nicht über den Tisch gezogen zu werden.

Aufgrund der enormen Nachfrage bei der Gründung des r.u.s.z entstand die Idee, ein Netzwerk aus engagierten Reparaturbetrieben ins Leben zu rufen und bereits 1999 wurde im Rahmen eines eu-Projekts das "ReparaturNetzWerk Wien" gegründet, das mittels einer Hotline interessierte Kunden mit entsprechenden Betrieben zusammenführt. Mittlerweile beteiligen sich rund 50 Betriebe an dem Netzwerk und decken gemeinsam eine breite Palette von Reparaturdienstleistungen ab: angefangen bei A wie Alarmgeräten bis Z wie Zählwerke. Angeboten wird überdies auch ein Transportservice.

Um Mitglied des ReparaturNetzWerks zu werden und dessen "Gütesiegel" zu erhalten, müssen gewisse Kriterien erfüllt werden: Dazu gehört unter anderem, dass mindestens 50 Prozent der Arbeitsplätze im Betrieb Reparaturarbeitplätze sind, dass der Betrieb sich nicht auf weniger als fünf Marken beschränkt und dass der Kunde im Vorhinein über alle verrechneten Sätze im Detail informiert wird.

Mehrere der Transitarbeitskräfte des r.u.s.z konnten bereits in die gewerblichen Mitgliedsbetriebe des ReparaturNetzWerks vermittelt werden. Wichtig für Eisenriegler ist dabei, dass "es sich nicht um einen Verdrängungswettbewerb handelt" und die vermittelten Personen nicht andere Arbeitskräfte ersetzen, sondern dass es sich bei den Reparaturdienstleitungen um ein Betätigungsfeld handelt, das immer mehr Arbeitskräfte braucht, um mit der Nachfrage mithalten zu können. Neben der Schaffung von Arbeitsplätzen im Umweltbereich und der Schonung der Ressourcen trägt das ReparaturNetzWerk außerdem auch zur lokalen Wertschöpfung bei.

Im Rahmen eines weiteren Projekts, dem RepaNet, soll nun das Know How von der lokalen Ebene auf die Bundesebene weiterverbreitet werden. Bereits vier weitere Reparaturnetzwerke konnten so in Österreich in den vergangenen Jahren entstehen. Auf eu-Ebene hat sich das Netzwerk rreuse (Recycling and Reuse of European Social Enterprises) gebildet, eine Vertretung von 16.000 Arbeitsplätzen in den Bereichen Wiederverwendung und Recycling in 10 europäischen Ländern.

eu weites Netzwerk

Auch im Bereich der Vorbehandlung von Elektroaltgeräten durch sozialwirtschaftliche Betriebe konnte man in Österreich bereits durch das Demontage- und Recycling-Zentrum (d.r.z), das eng mit der ma48 zusammenarbeitet und mittlerweile von drei Mistplätzen die Elektroaltgeräte bezieht, Erfahrung sammeln. Die maschinelle Demontage von Elektroaltgeräten ist bislang kaum durchführbar und so gelangen die enthaltenen Schwermetalle und organischen Schadstoffe in die Schredderanlagen und landen letztendlich auf dem Mistplatz, wo sie ungehindert entweichen können - es sei denn, sie werden vorher wie im d.r.z manuell entfernt. Abgesehen von der Schadstoffentfrachtung werden im d.r.z auch noch funktionstüchtige Elemente für das Ersatzteilnetzwerk ausgebaut und nebenbei hat sich eine TrashDesignManufaktur entwickelt, wo aus Geräteteilen Möbel- und Gebrauchsstücke gefertigt werden.

Sozialwirtschaft aufwerten

Aus seiner Arbeit in den Beschäftigungsinitiativen und als Mitbegründer und Mitarbeiter diverser Initiativen sieht Eisenriegler die Notwendigkeit, der Sozialwirtschaft einen höheren Stellenwert einzuräumen: "Alle Geschäftsfelder, wo es auf Grund von Marktversagen gemeinwirtschaftliche Defizite gibt, sollten der Sozialwirtschaft überlassen werden." Mit der nötigen finanziellen Unterstützung könne so ein Drei-Sektor-Wirtschaftssystem aufgebaut werden, das alle Bedürfnisse der Konsumenten erfüllt, ohne dabei der Privatwirtschaft zu schaden.

Volkswirtschaftlich würden sich derlei Beschäftigungsinitiativen ebenfalls rentieren, denn "laut spö-Budgetsprecher Christoph Matznetter beträgt der Schaden für die Volkswirtschaft 43.000 Euro pro Arbeitlosen. Dagegen kostet ein Transitarbeitsplatz im r.u.s.z inklusive aller Nebenkosten 35.000 Euro", so Eisenriegler. Außerdem wird schon beim Eintritt in eine solche Beschäftigungsinitiative aus einem Leistungsbezieher, ein aktiver Steuerzahler.

Info: www.repanet.at

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung