Sehnsucht nach mir und dir

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Ich bin ich - und ich will nicht allein sein": Selbstverwirklichung und Beziehungsorientierung sind die zwei zentralen Parameter im Wertverständnis Jugendlicher. Die grundsätzliche Ich-Orientierung ist so hoch wie nie zuvor, die Selbstverwirklichungs- und Autonomiewünsche Jugendlicher erzielen - wie bei der Generation ihrer Eltern - Spitzenwerte. Gleichzeitig dürfte der Höhepunkt der Ich-Bezogenheit erreicht sein, man sucht verstärkt nach emotionaler Nähe.

Die Bedeutung von Freundschaften ist in den vergangenen zehn Jahren deutlich angewachsen, wobei sich der Zuwachs bei den weiblichen Jugendlichen noch deutlicher abzeichnet als bei den männlichen. Ungebrochen hoch ist die Wichtigkeit der Familie. "Scheinbar unabhängig von den realen Gegebenheiten steht Familie für das Gefühl von Geborgenheit. Von einem Generationenkonflikt kann aus Sicht der Jugendlichen keine Rede sein."

Eine verbindliche (Paar-)Beziehung hat in den Lebensperspektiven der österreichischen Jugendlichen einen großen Stellenwert, wobei sich zwei Leitmotive ausmachen lassen. Das eine ist ein klares Bekenntnis zu einer möglichst stabilen Zweierbeziehung, mit Kindern rechnet man erst später. Diese Einstellung ist vor allem bei weiblichen Jugendlichen und jungen Erwachsenen deutlich erkennbar. "Das zweite Motiv erklärt âdie Jugend genießen und sich erst später binden' zum Lebensmotto und hat vor allem bei den Jüngeren und den männlichen Jugendlichen größere Bedeutung. Die Perspektive, möglichst bald eine Familie (mit Kindern) zu gründen, ist - unabhängig vom Geschlecht - nur für eine Minderheit attraktiv."

Für Jugendliche gehört zu einer Beziehung vor allem "gern Zeit miteinander verbringen", "gemeinsam Spaß haben", "Vertrauen" und "sich auf den anderen verlassen können"; "zusammen wohnen" ist ihnen hingegen vergleichsweise unwichtig. Dieses balancierte Verhältnis von Nähe und Autonomie "lässt sich dahingehend interpretieren, dass Paarbeziehungen in der Vorstellungswelt der Jugend einerseits im Zeichen von Erlebniswert plus emotionaler Nähe und andererseits aber auch im Zeichen von persönlicher Eigenständigkeit stehen."

Selbstverwirklichung einerseits und der Wunsch nach einer soliden Beziehungskultur im Umkreis von Partner, Freunde und Familie andererseits werden auch in Zukunft große Bedeutung haben. Damit ist viel über die Wünsche, aber wenig über die Realisierung gesagt: Die Ebene der Werthaltungen und die Handlungsebene - was Ehe und Familie betrifft - werden auch zukünftig in paradoxer Weise divergieren. Die Sehnsüchte nach Stabilität sind hoch, in der Praxis bleibt aber die "Aufkündbarkeit sozialer Beziehungen" gesellschaftliche Realität.

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