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Engagierte Musik
Der Wiener Hanns Eisler (1898 bis 1962) ist in seiner Heimat so gut wie unbekannt. Bis 1925 war er hier Schönbergs Schüler, dann ging er nach Berlin, 1933 in die Emigration, 1938 nach den USA, seit 1950 lebte er in Ost-Berlin, wo er auch gestorben ist — nicht nur gefeiert, sondern auch umstritten.
Frühzeitig versuchte er für das, was er schrieb, ein breites Publikum zu gewinnen. Hierfür schienen Bühnen- und Filmmusik besonders geeignet, ferner das Massenlied und die didaktische Kantate. Von allen diesen Gattungen bekamen wir dank des Grazer Pro-Arte-Ensembles unter der Leitung von Karl Ernst Hoffmann gutausgewählte Proben.
Die vierteilige Suite „Dans les rues", 1933 zu einem Großstadtfllm geschrieben, läßt Weill und Eislers Lied von der Solidarität anklingen. Bläser und Marschrhythmen dominieren durchaus. — Fünf Jahre später entstand die Musik zu einem chinesischen Dokumentationsfilm. Daraus hörten wir fünf wohlgeformte, gutklingende, durchaus harmonische, aber deshalb nicht weniger pikante Sätze. Die Ernsten Gesänge aus dem Jahr 1962 sind eine Retrospektive auf das eigene Schaffen. Erstaunlich, wie sich Texte von Hölderin, Brecht, Viertel und Herm- lin miteinander vertragen (Aber die Leopardi-Verse hat sich Eisler selbst gedichtet!). Diese Lieder hatten einen hervorragenden Interpreten: Günther Leib aus der DDR, der Sonderapplaus verdiente und bekam.
Die harmonisch weitaus avancier- teste Komposition stammt aus dem Jahr 1936, heißt „Gegen den Krieg“ und ist für Chor a cappella auf ein vielstrophiges Gedicht von Brecht geschrieben. Am nächsten kommen Eislers Ideal von der Massenkunst die „Bilder aus der Kriegsfibel“ von 1957 für Soli, Männerchor und kleines Orchester. Zu jeder der 14 Strophen Brechts wurde eine entsprechende Photographie auf die Podiumsleinwand geworfen. Das war handfest und so wirksam, daß es sobald keiner nachmacht. Kein Henze und kein Nono. Deren engagierte Stücke mögen sie selbst befriedigen, locken aber keinen Parteigenossen hinter dem Ofen hervor ..,
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