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Stückwerk, Rondo, Heldenleben

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Viel Neues gab's im dritten Reihe-Konzert im Mozart-Saal. Die hübscheste, charmanteste Nummer war die älteste: Darias Milhauds „Machines agricoles“ aus dem Jahr 1919, sechs pastorale Gesänge auf „Texte“, die einem Katalog für landwirtschaftliche Maschinen entnommen wurden und die für eine Singsttmme und sieben Instrumente gesetzt sind: freundlich werbende, zart-lyrisch untermalte Beschreibungen von Gras- und Bindemähern, Saat- und Drainiermaschinen. Man gerät beim Anhören lin Versuchung, sie sich sofort zu kaufen... 1925 entstand der Palmström-Zyklus für fünf Instrumente und Sprechstimme von Hanns Eisler. Das war 13 Jahre nach Schönbergs „Pierrot lunaire“, an den sich sowohl die genau notierte Sprechstimme wie auch die Instrumentierung anlehnt. Das Beste daran sind — immer noch — die Gedichte Morgensterns; die Musik ist zwölftöniges Kunstgewerbe. (Das gab es auch damals schon.) — Eigenes Profil, trotz Basteltechnik, zahlreicher Zitate und ironischer Selbstpersiflage, zeigten einige Chansons für Flöte und Klavier von Otto M. Zykan sowie Kurt Schwertsiks Komposition „Stüdciuerk“ für Gesang und fünf Instrumente auf Gedichtfragmente von Walter Zetta (daher der Name des mosaikartig aus aphoristischen Vor-, Zwischen-, Nachspielen und Gesangsnummern kompilierten

Werkchens). — Als Manifestationen „wider den tierischen Ernst“ in der neuen Musik mag man alle diese Stücke nicht nur gelten lassen, sondern auch sein Vergnügen daran haben, zumal keines länger als zehn Minuten dauert und hierdurch wieder einmal die Maxime von der Würze in der Kürze bestätigt wurde. — Beides fehlte leider zur Gänze dem schwerfälligen und spekulativen „Septett in gemischter Manier“ von Paul Kont, dessen letzter Satz „Kontraste“ als Kont raste gedruckt war, was dem Leser zunächst ein Lächeln abgewann, das aber beim Hören bald verschwand... Ausführende weiren das tüchtige Reihe-Ensemble unter der Leitung von Kwrt Schwertsik, sämtliche Gesangspartien absolvierte Marie-Thirise Escribano, die eine Art Monopolstellung für Vokales bei Wiener Produktionen von neuer Musik innezuhaben scheint.

Das 8. Abönnementkonzert der Wiener Philharmoniker unter Zubin Mehta wurde mit Gottfried von Einems Tanz-Rondo für Orchester op. 27 eröffnet. Das 1963 im Auftrag des Bayrischen Rundfunks geschriebene und in Wien bisher noch nicht aufgeführte 12-Minuten-Werk besteht aus fünf kurzen' Sätzchen, in denen das klassische A-B-A-Schema mit der Vardationsform verbunden ist. Diese gestisch-tänzerische Musik wirkt keinen Augenblick langweilig und überrascht durch ihre geistreiche Struktur ebenso wie durch die ans Parodistische streifende konservative Harmonik. .Hierzu geben zwei Wiener Musikologen im Programmheft ebenso geistreiche wie „konservative“ Kommentare. — Da wir beim Programm sind: Es wäre an der Zeit und man würde dem Werk Schönbergs einen guten Dienst tun, wenn man endlich das geschmacklose Gedicht von Richard Dehmel aus dem Zyklus „Weib und Welt“ nicht jedesmal abdruckte, wenn die Tondichtung „Verklärte Nacht“ op. 4 gespielt wird. Das 1899 in Payerbach an der Rax entstandene Opus übt immer noch seinen romantisch-expressiven Zauber, und wenn es die Philharmoniker in der von Schönberg später geschaffenen großen Besetzung spielen, ist der Eindruck der allerbeste. Zubin Metha blieb beiden Werken nichts schuldig. Bei der Interpretation des Strauss'schen ,fieldenlebens“ (das zur gleichen Zeit wie Schönbergs ungleich bescheidenere Komposition entstanden ist) tat der Dirigent vielleicht etwas zuviel: die überdimensionierte Konfession klang stellenweise überhitzt und auch dynamisch übersteigert, so daß — ein Rarissimum bei den Philharmonikern — die Schönheit des Orchesterklanges zuweilen darunter litt. Es fehlte, gewissermaßen, das „lächelnde Auge“, mit dem sich Strauss stets selbst gesehen hat. Doch dafür ist der 31jährige Inder Mehta vielleicht einfach noch zu jung.

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