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Erstaunliches Zeugnis von Vitalität

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200.000 Exemplare umfaßt die erste deutschsprachige Auflage des „Katechismus der Katholischen Kirche", die vorige Woche präsentiert wurde.

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200.000 Exemplare umfaßt die erste deutschsprachige Auflage des „Katechismus der Katholischen Kirche", die vorige Woche präsentiert wurde.

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In Leipzig stellten am 17. Mai Bischof Karl Lehmann (Mainz), als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, und der Wiener Weihbischof Christoph Schönborn als Sekretär des Redaktionskomitees den neuen Weltkatechismus vor. „Niemand denkt daran, dieses Buch müsse nun jeden Religionslehrer gleichsam auf Vordermann bringen", unterstrich Lehmann, der Katechismus habe „gewiß einen hohen Rang der Verbindlichkeit", wolle jedoch kein „Maulkorb" für die „notwendige theologische Disputation über manche Fragen" sein. Schönborn sieht in der großen Nachfrage nach dem Katechismus, daß viele Menschen „nach etwas suchen, woran man sich halten kann".

In Wien wollte Kardinal Hans Hermann Groer einen anderen Weg gehen und das Werk „nicht in der Halle eines Hotels" vorstellen. Er lud zu einem Wortgottesdienst in den Stephansdom ein, in dessen Rahmen er Repräsentanten von kirchlichen Gremien und Einrichtungen, aber auch von Berufsgruppen Exemplare des Katechismus überreichte, und danach zu einem „Colloquium speciale" mit Weihbischof Schönborn im Erzbischöflichen Palais. Dieser sagte, der Katechismus sei zwar „ein hochkarätiger Ausdruck der Glaubensregel", aber kein Maßstab der Rechtgläubigkeit im Sinne eines „Urmeters".

Einen theologischen Disput zum Thema veranstaltete zu Christi Himmelfahrt in München die Katholische Akademie in Bayern. Bischof Schönborn setzte sich zu jedem der vier Katechismus-Teile mit je einem kritischen Koreferenten auseinander, die dem Werk unter anderem „naiven Schriftfundamentalismus" (Richard Heinzmann) vorwarfen oder meinten, es sehe „völlig vom Bezug auf die gegenwärtigen Problemlagen der Gläubigen und der Kirche" ab (Peter Hünermann). Heftige Kritik am Katechismus hatten an anderer Stelle schon Hans Küng („reichlich simples Produkt römischer Schultheologie") und Dietmar Mieth (Rückkehr ins „moralische Steinzeitalter") geübt.

Ein auffallend positives Urteil gab dagegen Reinhard Low, Direktor am vom Bistum Hildesheim getragenen

Forschungsinstitut für Philosophie Hannover, in der angesehenen „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ab:

„Der .Katechismus der Katholischen Kirche' ist klar, ohne aufzutrumpfen, verständlich, ohne zu simplifizieren, zeitgenössisch, ohne dem Zeitgeist zu huldigen, freundlich, ohne sich anzubiedern, orthodox, ohne in Festungsmentalität zu verfallen. Ein erstaunliches Zeugnis spiritueller Vitalität, das man der heutigen Kirche kaum zugetraut hätte. Das Buch hat gute Aussicht, sich ein gutes Jahrhundert lang zu behaupten, für eine Reihe häufiger aufeinanderfolgende regionale Katechismen den inhaltlichen Maßstab abzugeben und daneben immer wieder einzelnen als Quelle zu dienen, die gern aus erster Hand erfahren möchten, was der Glaube der katholischen Kirche ist."

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