Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Zu patschert für die Revolution
In alten und reaktionären Zeiten konnte man sich wenigstens darauf verlassen, daß unter denen, die am Sturz des bestehenden Systems arbeiten, ein paar mutige und helle Köpfe sind. Früher einmal haben Widerstandskämpfer zu den besten Analysierern der bestehenden Machtverhältnisse gehört.
Diese Zeiten sind offensichtlich vorbei. Das dürftige Ergebnis des Kirchenvolks-Begehrens hat einige seiner Betreiber einer verblüffenden Idee anheimfallen lassen. Andere römisch-katholische Kirchenmitglieder mögen Revolution machen, du, glückliche, widerständige katholische Gruppe delegiere. Warum denn selbst alles erkämpfen - vielleicht ist der Staat so dumm, sich für die dogmatische und kirchenrechtliche Drecksarbeit einsetzen zu lassen.
Und so stellt man sich die delegierte Revolution vor: Statt der bisherigen Verpflichtung der Kirchenmitglieder, einen, ihren finanziellen Verhältnissen entsprechenden, Reitrag zu zahlen, wird eine neue Steuer für alle Österreicher und Österreicherinnen eingeführt - die „Kultursteuer". In Zukunft werden also auch die Konfessionslosen zur Kassa gebeten.
Von dieser neuen Steuer wird „Kulturelles" bezahlt, aber natürlich kann der Zahler auch bestimmen, daß seine Steuer seiner Kirche zugute kommt. Und nicht nur ihr: auch jeder vereinsmäßig organisierten Sekte mit mehr als 1.000 Mitgliedern. Scientology & Co jubeln schon.
Der so planende Arbeitskreis „Kirche steuern durch Kirchensteuern" will mit seinen Maßnahmen die römisch-katholische Kirche „motivieren"! Die moralische ßegrün-dung: Die Mitglieder haben keinen Einfluß auf die Verteilung beziehungsweise Kontrolle der Geldmittel. Daß bei den Protestanten das Gegenteil der Fall ist, stört die Revolutionäre nicht, ihre Beglückungsvision ist schließlich ökumenisch.
Ebenso werden sich die progressiven Katholiken im Lande freuen, daß die vatikanische Bevormundung endlich einer „österreichischen Staatskirche" weichen muß. Und da die Revolutionäre eine „arme" Kirche wollen, wird diese „neue" Kirche wohl alle von ihr angestellten Laien und Laiinnen entlassen müssen. „Schöne, neue Kirche" oder: Net amal a g'scheite Revolution können's machen!
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!