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Ja zu Parteien

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Die Freiheitliche Partei Österreichs feierte mit einem Festakt am 16. Mai in Salzburg ihr25jähriges Bestehen. Bundespräsident Rudolf Kirchschläger hielt bei dieser Jubiläumsfeier, an der auch Vertreterderbeiden Großparteien teilnahmen, eine A nsprache, aus der wir auszugsweise zitieren.

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Die Freiheitliche Partei Österreichs feierte mit einem Festakt am 16. Mai in Salzburg ihr25jähriges Bestehen. Bundespräsident Rudolf Kirchschläger hielt bei dieser Jubiläumsfeier, an der auch Vertreterderbeiden Großparteien teilnahmen, eine A nsprache, aus der wir auszugsweise zitieren.

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Bundespräsident Karl Renner hat in seiner Amtszeit ab und zu Veranstaltungen aller damals im Nationalrat vertretenen und die Bundesregierung bildenden Parteien besucht. Dieses Beispiel ist für mich, der ich politische Ver antwortung trage und keiner politischen Partei angehöre, sehr anziehend.

Gerade mir geziemt es, aus einem Staats- und Demokratieinteresse heraus, den Wert einer auf demokratischer Basis gebildeten politischen Partei für die Existenz unserer Demokratie zu unterstreichen und zu bekräftigen. Es gibt keine Demokratie unserer freien, parlamentarischen, westlichen Konzeption ohne den Bestand von mehreren, sich voneinander in grundsätzlichen Fragen unterscheidenden und auch voneinander unabhängigen politischen Parteien.

Ich werde mich daher als Bundespräsident unserer Republik unablässig zur Notwendigkeit der Existenz der politischen Parteien bekennen. Das heißt mit anderen Worten: Ich erachte es als meine Pflicht, nicht jenes publikums wirksame Gezeter gegen die politischen Parteien, das so gerne entfacht wird, mitzumachen, sondern deren unverzichtbare Notwendigkeit für die Demokratie zu unterstreichen.

Ich fühle mich auch als Bundespräsident nicht, wie man so landläufig sagt, „über den Parteien stehend“. Ich bin vom Volk gewählt, so wie auch die Parteien Teile des Volkes sind, abhängig in ihrer Stärke von den Wählerstimmen, die sie in freien Wahlen von den Mitbürgern erhalten.

Der Bundespräsident und die politischen Parteien tragen nicht eine abgestufte, sondern gemeinsam eine gleichstufige Verantwortung für das Volk und für den Staat. Daß dabei, dem ihnen von den Wählern erteilten Auftrag gemäß, die politischen Parteien vorerst auf eine weitestmögliche Durchsetzung ihres Programmes, der Bundespräsident aber auf das Finden eines möglichst großen gemeinsamen Nenners in der Erfüllung der Staatsaufgaben bedacht sein muß, ändert nichts an dieser Gemeinsamkeit der Verantwortung.

Meine Teilnahme an diesem Festakt ist aber auch Ausdruck meiner Überzeugung, daß für die Glaubwürdigkeit und für das Funktionieren der österreichischen Demokratie der Bestand einer politischen Partei nützlich und notwendig ist, welche zur politischen Heimat für alle jene werden kann, die sich in früheren Generationen, also in der Zeit des Lagerdenkens, dem sogenannten deutschnational-liberalen Lager innerlich zugehörig gefühlt haben.

Es wäre - es gibt hiefür sehr eindrucksvolle Beispiele - eine Gefahr für das Funktionieren einer Demokratie, wenn sich eine historisch gewachsene, ihrer Zahl und ihrem gesellschaftlichen Einfluß nach bedeutende Gruppe von Bürgern nicht im Rahmen einer offenen, dem legalen Kräftespiel sich aussetzenden Interessens- und Gesinnungsgemeinschaft präsentieren und am politischen Leben teilnehmen könnte. Ein Abgleiten in die politische Teilnahmslosigkeit oder auch in den Extremismus wären in einem solchen Fall kaum vermeidbare Konsequenzen.

Es sind dies Folgen, die im übrigen nicht nationalsozialistisch geworden war, reserviert werden sollte.

Daß diese Idee keine Verwirklichung fand, hat ihren Grund in politischen Erbschaftshoffnungen gehabt, die sich allerdings - wie die 25-Jahr-Feier deutlich zeigt - nicht oder nur in geringem Maße erfüllt haben.

Nicht aus Festeshöflichkeit also, sondern in meiner Verantwortung als Bundespräsident gratuliere ich zum 25jährigen Bestand der Freiheitlichen Partei Österreichs und danke Ihnen dafür, daß Sie sich in Programm und Praxis als demokratische Partei erwiesen und damit zur Anziehungskraft und Lebensfähigkeit unserer Demokratie beigetragen haben.

Ihr Programm oder Ihre einzelnen politischen Entscheidungen zu kommentieren oder zu werten, steht mir nicht zu. Die Einhaltung der so notwendigen Fairneß in der politischen Auseinandersetzung aber kann ich aus der Erfahrung meiner Außenministerzeit, ebenso wie als Präsidentschaftskandidat mit Überzeugung bescheinigen.

Lassen Sie mich Ihnen aber bei diesem Anlaß auch dafür danken, daß Sie sich, wie der damalige Bundesobmann der Freiheitlichen Partei Österreichs, der Herr Abgeordnete zum Nationalrat Friedrich Peter, bei der Feier aus Anlaß des 30jährigen Bestandes der Zweiten Republik erklärte, voll zur Neutralität unserer Republik bekennen und daß „das Bekenntnis zur Republik, die staatsbejahencfe Haltung und die Liebe zu Österreich für alle das politische Geschehen formenden Kräfte zu einer Selbstverständlichkeit geworden“ ist.

Möge es Ihnen und auch den beiden anderen im Nationalrat vertretenen politischen Parteien gelingen, über all den dort und da immer wieder erschreckend aufflammenden Haß und auch über manche Gleichgültigkeit hinweg der Demokratie in unserer Republik eine faszinierende Kraft zu geben.

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