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Was soll Pension wem abgelten?

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Noch gibt es den Karenzurlaub für Väter nicht. Wird er aber — demnächst vielleicht schon — beschlossen, hat das Rückwirkungen auf andere Rechtsbereiche. Grundsätzliche sogar.

Zwar ist nicht anzunehmen, daß sich dann scharenweise Männer für die Pflege und Betreuung von Babys und Kleinstkindern zeitweilig vom Beruf verabschieden, aber es könnte die nicht seltene Ausnahme von der Regel sein: Vater und Hausmann. Das dann, wenn die Frau und Mutter erfolgreich im Beruf steht.

Dann werden auch Männer mit all den Problemen konfrontiert sein, die jetzt nur Frauen zu tragen haben: mit dem Problem der Wiedereingliederung ins Berufsleben, mit geringeren Arbeitsmarktchancen, mit geringeren Beitragszeiten für die Pension. Und das sind unbestreitbare Tatsachen. Dann trägt der Vater und Hausmann die Mehrfachbelastung durch Familie, Haushalt und Beruf.

Halt. Das ist doch das Hauptargument für die Beibehaltung des unterschiedlichen Pensionsanfallsalters für Frauen und Männer, das der Verfassungsgerichtshof jetzt auf Verfassungswidrigkeit hin überprüft.

Das kleine Beispiel zeigt, daß die Forderung, das unterschiedliche Pensionsalter auch bei erkannter Verfassungswidrigkeit mit Verfassungsmehrheit fortzuschreiben, in derer geschlechtsspezifischen Privilegierung ein Unsinn ist.

Nicht nur in diesem Fall. Oder kann eine(r) schlüssig erklären, worin sich die Doppelbelastung einer alleinstehenden kinderlosen Frau durch Beruf und Haushalt von der eines anhanglosen Junggesellen unterscheidet?

Geschlechtsspezifische Differenzierung ist dafür keine Lösung. Näher kommt man ihr, wenn die realen Lebensumstände geschlechtsunabhängig für das Pensionsanfallsalter in Betracht gezogen werden - bei grundsätzlich gleichem Pensionsalter. Im Regelfall werden auch dann Mütter davon profitieren, im Ausnahmefall sollen und dürfen aber auch Väter nicht ausgeschlossen bleiben, wenn sich bei ihnen Zeiten der Berufstätigkeit mit solchen der Kindererziehung abwechseln.

Daß das Pensionsrecht auf diese Leistungen für die Gemeinschaft im Lebensverlauf Rücksicht nimmt, hat nichts mit anderen „Abgeltungen“ zu tun, die man der Altersversorgung da und dort aufzubürden versucht. Die Pension ist weder dazu da, Männern durch Pensionsalter oder Pensionshöhe eine kürzere Lebenserwartung abzugelten, noch Frauen für ihre geringeren Einkommenschancen während ihrer Berufstätigkeit zu entschädigen. Die Benachteiligung der Frauen im Erwerb gehört in der Arbeitswelt energisch bekämpft, energischer noch als bisher, nicht im Alter - und dann aus einer anderen Kassa - vergütet. Darum geht es.

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