Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Was soll die Pension „abgelten“?
Der Wiener Landtag war sich der Problematik bewußt und hat schon im Mai jene Konsequenzen gezogen, zu denen er jetzt durch eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes gezwungen worden wäre: Das im Wiener Pensionsrecht verankerte Ruhen von Witwenpensionen bei Eigenpension ist verfassungswidrig.
Hie Verfassungszwänge, da Finanzierungsengpässe: Zweifelt eigentlich noch jemand daran, daß nur eine völlige Neuordnung der Altersversorgung, die auf den neuen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen aufbaut und die eine Vereinheitlichung der unterschiedlichen Systeme zum Ziel hat, aus dieser Sackgasse herausführt?
Die Hinterbliebenenversorgung geht ja auf eine Zeit zurück, in der die Erwerbstätigkeit der Frau — und damit der Anspruch auf eine eigene Pension—eher seltene Ausnahme war. Da sollte der Unterhaltsanspruch den überlebenden Ehepartner vor Not schützen.
Durch die Rolle, die Frauen heute im Arbeitsleben spielen, haben sich die Grundvoraussetzungen gänzlich geändert. Nur das System der Witwenpension -durch eine Entscheidung der Verfassungsrichter 1979 heute auch auf Witwer ausgedehnt — nicht. Und die Zahl der Doppelpensionen nimmt immer weiter zu.
Frauenvertreterinnen verteidigen dies mit dem Hinweis auf die im Durchschnitt niedrigeren Verdienste im Arbeitsleben sowie mit der Doppelbelastung durch Haushalt und Beruf. Dafür sei die Witwenpension neben einer Eigenpension nur ein gerechter Ausgleich.
Hier wird ein Grundübel unseres Sozialsystems offenkundig. Versicherungsfremde Überlegungen werden in Leistungsansprüche umgemünzt. Für die niedrigeren Erwerbseinkommen, für die Dreifachbelastung durch Beruf, Haushalt und Kindererziehung. Mit dieser Belastung wird zudem auch das niedrigere Pensionsalter begründet, so als gäbe es keine „Singles“ - Frauen wie Männer übrigens.
Der Vorschlag, das Pensionsalter der Frauen jenem der Männer anzugleichen, geht auch hier neue Wege. Müttern einen früheren Ubertritt in den Ruhestand dabei zu ermöglichen, muß aber trotzdem nicht der Weisheit letzter Schluß sein. Würden die Mütter nicht viel früher Unterstützung benötigen? Dann, wenn das Kind besondere Zuwendung braucht? Was nützt die „Belohnung“ zu einem Zeitpunkt, wenn die Kinder schon lange wieder aus dem Haus sind?
Heute liegt die Lebenserwartung der Frauen im österreichischen Durchschnitt bei 78,1, jene der Männer bei 71,5 Jahren. Frauen haben rund 18, Männer nicht ganz sieben Pensions jähre zu erwarten. Kein kleiner Unterschied, aber doch sicher kein „Männer-privüeg“. HANNES SCHOPF
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!