Vereine haben immer Saison. Das bunte Spektrum reicht vom Vogelzüchterverein bis zum Verschönerungsverein, vom Verein für eine saubere und bessere Umwelt bis zum Verein für Freunde der Blasmusik. Wir gehören gerne wo dazu, wir wollen dabei sein, wir möchten mitmachen. Wenn es notwendig ist, verteilen wir auch Flugblätter, um auf die bedrohten Lurche aufmerksam zu machen.
Sobald es um eine Partei geht, gehen wir auf Distanz. Hier wollen wir nicht anstreifen. Eine Partei, so glauben wir, hat ein Programm und steht für klare Werte und definierte Ziele.
Weit gefehlt. Die Parteien werden in ihren Programmen immer verwaschener, verwechselbarer und beliebiger. Klare ideologische Positionen lehnen wir ab. Sie sind nicht schick, und wir müßten danach leben und handeln, wollten wir nicht unglaubwürdig werden. Das ist nicht bequem.
Beliebigkeit löst die parteipolitische Orientierung ab. Die Parteiideologen oder das, was von ihnen übrig geblieben ist, wissen das und richten sich danach. Der jüngst präsentierte Programmentwurf der SPÖ strotzt nur so von Platitüden. Ja nicht genau sagen, wofür die Partei steht oder wogegen sie ist; nur nicht zu politisch auftreten. Das könnte Wähler kosten. Das Wählerpotential braucht jede Partei, weil ihr am anderen Ende die Mitglieder und jene, die sie "immer schon" gewählt haben, weglaufen. Bei soviel Beliebigkeit im Wertekatalog macht sie schon der kleinste Ärger einmal zum Wechselwähler.
Richard Lugner hat bei der Bundespräsidentenwahl knapp zehn Prozent der Stimmen erreicht. Mit zehn Prozent der Bevölkerung im Hintergrund will der 65jährige Baumeister nun eine eigene Partei gründen. Nur: Die zehn Prozent haben die Person Richard Lugner gewählt - und keine Partei. "Aus eigener Kraft", ein Ziegelstein, eine ehrgeizige Frau, eine Scheibtruhe und die Feststellung, daß man gegen die Parteien ist, ist noch kein Parteiprogramm.
Aber wir wollen ja gar kein Parteiprogramm. Wir haben lieber originelle und wortgewaltige Spitzenkandidaten und sympathische Spitzenkandidatinnen. An sie streifen wir gerne an - in der Unverbindlichkeit eines Partygeplauders, ohne sich zu irgend etwas verpflichten zu müssen.
Die Autorin ist freie Journalistin in Wien.
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