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Händels "Radamisto" bei den Salzburger Pfingstfestspielen.

Kaum zu glauben: Zum ersten Mal in der Geschichte der Salzburger Festspiele wurde eine Oper von Georg Friedrich Händel szenisch aufgeführt: "Radamisto", im Rahmen von "Pfingsten + Barock", vulgo Salzburger Pfingstfestspiele. Obwohl mit Dirigent Martin Haselböck und Regisseur Hans Gratzer ein auf dem Gebiet der Barockoper bewährtes Team bestellt wurde, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, es hier mit einer Spar-Aufführung zu tun. Obwohl die Sänger tadellose Leistungen liefern, fehlen doch die großen Namen und damit die wirklich großen Stimmen. Bühnenbild (Gratzer) und Kostüme (Andrea Uhmann) wirken mickrig, wie für eine Kleinbühne konzipiert. Dieser Eindruck ist nicht weit hergeholt, schließlich haben Gratzer und Haselböck in der Saison 2000/01 am Wiener Schauspielhaus mit Barockopern Furore gemacht. Das damals erfolgreiche szenische Konzept - Schlichtheit, karnevaleske Kostüme, Publikumsnähe - wurde vom winzigen Schauspielhaus einfach in die riesige Felsenreitschule übertragen. Und funktionierte hier nicht. Das hat Händel nicht verdient, zumal in Salzburg, auch wenn die Pfingstfestspiele weit weniger Glamour versprühen als die Sommerfestspiele.

Über all das könnte man noch hinwegsehen, wenn da nicht Gratzers statische, steife, oratorienhafte Regie wäre, die unsagbare Langeweile hervorruft. Meistens stehen die Sänger an der Rampe, jeder hat übrigens seine eigene, und singen auf das Publikum ein. Die diffizile musikalische Charakterzeichnung, die Händel von seinen Zeitgenossen abhebt, findet bei Gratzer keine Entsprechung auf der Bühne. Wenn man kurz einnickt, so versäumt man nichts, denn wenn man aufwacht, hat sich auf der Bühne meist gar nichts getan. Selbst Zuschauer, die den Kampf gegen den Schlaf gewinnen, tun sich schwer, die insgesamt sieben Figuren zu identifizieren und auseinanderzuhalten.

Freunde des Originalklanges kommen voll auf ihre Rechnung, dennoch hat es Martin Haselböck schwer, denn unter den unzähligen Händel-Opern gehört "Radamisto" wohl zu den ödesten. Die Monotonie der schier unendlichen Abfolge von Rezitativen und Arien kann er mit seiner Wiener Akademie nur bei einigen innigen, liedhaften Passagen bravourös durchbrechen

Die prima donna und der primo uomo bleiben ein wenig - aber wirklich nur ein wenig - hinter dem Rest des Ensembles zurück: In der Titelpartie des edlen Königssohnes verliert des Countertenors Carlos Mena Stimme im Lauf der Aufführung an Geschmeidigkeit, und Monica Groop als seine das Opfer tyrannischer Begierlichkeit werdende Gemahlin Zenobia entwickelt stimmlich zu wenig Profil. Dafür glänzen Florian Boesch als brutaler Tyrann Triade mit seinem kraftvollen, beweglichen Bariton sowie Elisabeth Kulman in der Nebenrolle des Generals Fraarte und Lisa Larsson als antike Gutmenschen-Vorläuferin Polissena mit strahlenden Koloraturen. Weiters singen Melba Ramos den General Tigrane und Curtis Streetman den König Farasmane.

Die sehr frei auf den "Annalen" des Tacitus basierende Handlung auch nur ansatzweise nachzuerzählen ist ein Ding der Unmöglichkeit, am Schluss wird der Tyrann geläutert und alle sind glücklich. Sogar das Publikum, wohl dank Haselböck und der Händel-Premiere an sich.

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