Arbeiten wie die anderen

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Ein richtiger Job hilft Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

E s geht nicht um Beschäftigungstherapie. Wir sprechen von richtiger Arbeit", stellt Markus Vögel, Bereichsleiter Arbeit, die Position der Lebenshilfe Vorarlberg klar. Denn auch Menschen mit Behinderungen haben ein Bedürfnis sich zu verwirklichen und selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen.

Aber Geld sei nur ein Aspekt, denn zu arbeiten bedeute auch, dass man einen gewissen Status in der Gesellschaft erreicht hat. Ein höheres Selbstbewusstsein stellt sich ein. Vögel kann dies oft bei seinen Kunden beobachten. So habe zum Beispiel ein angehender Maler, der die so genannte "Anlehre" absolviert, sich abends nicht die Hände waschen wollen, denn nur mit schmutzigen Händen, als Beweis dafür, dass er den Tag über gearbeitet hat, würde er die anerkennenden Blicke am Weg nach Hause auf sich ziehen.

Arbeit macht Spaß

Die Arbeit macht den Kunden der Lebenshilfe Graz Umgebung Voitsberg (GUV) vor allem Spaß. Zumindest ist dies die erste Antwort, wenn das Thema Arbeit zur Sprache kommt. Wolfgang Vennemann ist ein Mensch mit Down-Syndrom. Er arbeitet in einem Schulbuffet und Café an einer Grazer Schule, einem Integrationsbetrieb der Lebenshilfe GUV, und findet an der Arbeit vor allem toll, dass er "mit anderen Leuten reden kann". Den Traumberuf hat er mit seiner Tätigkeit in der Gastronomie noch nicht gefunden, er wolle lieber Skifahrer werden. Seinen Einstieg erleichterte vor allem die Hilfe der Kollegen, sagt er.

Isabella Ritz hat auch das Down-Syndrom, was aber auch bei ihr keinen Grund darstellt, dass sie nicht arbeiten gehen könnte. Auch sie hat mächtig Spaß an ihrer Tätigkeit im Magistrat der Stadt Graz, weil sie dadurch die Möglichkeit hat, mehr Leute kennen zu lernen. Ihr Traumberuf ist weniger exotisch: Sie will Bürokauffrau werden. Der Arbeits-Anfang war schwer für sie, aber mit der Zeit gehen ihr die Aufgaben immer leichter von der Hand. Am liebsten habe Ritz, wenn sie viel zu tun hat, wenig Arbeit mag sie gar nicht. Den Einstieg in die Büroarbeit erleichterte "Martina", ihre Arbeitsbegleiterin.

Begleiten und unterstützen

Neben der Arbeit in "geschützten" Betrieben (Bsp.: Konditorei "faMoos" in Graz und Mooskirchen) versucht die Lebenshilfe GUV, gezielt Menschen den Einstieg in die freie Wirtschaft zu erleichtern, unter anderem mit der Organisation eines Arbeitsbegleiters, der hilft, erklärt und unterstützt, wenn am Anfang noch vieles neu und unklar ist.

Ziel von Martin Samonig, Bereichsleiter Arbeit bei der Lebenshilfe GUV, ist es, seine Kunden so lange zu betreuen, bis ein Arbeitsverhältnis nach ASVG-Richtlinien möglich ist. "Das ist möglich." Es sei falsch, Menschen mit einer Leistungsfähigkeit von unter 50 Prozent als arbeitsunfähig zu titulieren. "Wir haben Menschen, die sind zu 15 Prozent leistungsfähig und arbeiten 20 Jahre in einem Integrationsbetrieb. Sie erledigen Arbeiten wie du und ich, und dennoch haben sie kein ASVG-Arbeitsverhältnis."

Die Menschen dürfen aber nicht überfordern werden, für manche ist die Arbeit in einer Werkstätte genau richtig. Dennoch fehlt die sozialrechtliche Absicherung, wenn die Arbeit in einer geschützten Umgebung stattfindet und kein Anstellung vorliegt.

Die Skepsis, einen behinderten Menschen anzustellen, ist bei vielen Firmen noch sehr groß. "Die Erfahrung zeigt, dass nicht nur die direkt betroffenen Kollegen sondern auch die Vorarbeiter und die Geschäftsführung hinter der Integration stehen müssen. Es reicht nicht aus, dass der Chef sich dazu bekennt. Ein Integrations-Projekt muss auch intern kommuniziert werden", sagt Vögel.

Die Arbeitsmarktsituation spielt auch bei der Integration eine wichtige Rolle: Konjunkturbedingte Schwankungen und strukturelle Veränderungen sind maßgebliche Faktoren. Die Auswirkungen sind im Bereich der einfachen Tätigkeiten am größten: Werden die Arbeiter durch Maschinen ersetzt oder die Fertigung in Billiglohnländern verlagert, trifft dies Menschen mit Beeinträchtigungen besonders stark. Um den Betrieben die Integration auch finanziell zu erleichtern (es gilt natürlich der Kollektiv-Vertrag), wird die Minderleistung in Prozent mit einem Lohnkostenzuschuss ausgeglichen.

Blechtechnik Koller aus Graz beschäftigt eine Mitarbeiterin mit Behinderung: "Die integrative Ausbildung in Verbindung mit der begleitenden Unterstützung ist eine tolle Sache. Junge Menschen bekommen so die Möglichkeit zur Selbstständigkeit", sagt Waltraud Löcker, Lehrlingsausbilderin über die Zusammenarbeit mit behinderten Kollegen.

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