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Innenminister als Schiedsrichter
Meldungen über eine Einigung beim Meldegesetz waren verfrüht: erst nach mühsamen Nachverhandlungen konnte ein Kompromiß gefunden werden.
Meldungen über eine Einigung beim Meldegesetz waren verfrüht: erst nach mühsamen Nachverhandlungen konnte ein Kompromiß gefunden werden.
Die Experten im Innenministerium und in den Parlamentsklubs der Koalitionsparteien waren verwundert: daß die niederösterreichische Landesregierung den SPÖ-ÖVP-Kompromiß zur Neuregelung des Meldewesens sang- und klanglos schlucken würde, hatte eigentlich niemand angenommen. Denn nach dem ursprünglichen Regierungsentwurf (dazu auch FURCHE 14/1994) hätte etwa der Wiener Bürgermeister - in seiner Doppelfunktion als Landeshauptmann -darüber entschieden, daß ein sowohl in Niederösterreich als auch in Wien gemeldeter Bürger letztlich der Bundeshauptstadt „zugeschlagen" wird - und die Gemeinde Wien damit auch zusätzliche Mittel aus dem Steuertopf des Finanzausgleiches lu-
krieren könnte. Tatsächlich waren aber die Meldungen Mitte April verfrüht, die Koalition habe sich bereits auf die umfangreichen Änderungen im Meldewesen (siehe auch Beitrag unten) - betroffen sind das Hauptwohnsitzgesetz, das Meldegesetz, das Wählerevidenzgesetz, das Staatsbür-
jerschaftsgesetz et cetera - geeinigt.
Viederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll im FURCHE-Gespräch: „Das kommt für uns natürlich überhaupt nicht in Frage, daß der Wiener Bürgermeister als letzte Instanz darüber entscheidet, daß doppelt gemeldete Bürgern per Bescheid ihren Hauptwohnsitz in Wien haben."
DAUERZWIST MIT WIEN
Im Windschatten der EU-Debatte wurde daher vergangene Woche im Parlament - vor allem auf Drängen der niederösterreichischen ÖVP -noch rasch ein „Abänderungsan-trag" der Abgeordneten Elmecker und Pirker (diese sind die Fraktionsführer von SPÖ und ÖVP im Innenausschuß) eingebracht. Der Inhalt des Antrages: der jeweilige Landeshauptmann entscheidet nur dann über den „Hauptwohnsitz" eines Bürgers, wenn sich beide betroffenen
Gemeinden in seinem Bundesland befinden. Bei Streitigkeiten unter Gemeinden verschiedener Bundesländer - also etwa beim klassischen Zwist zwischen Wien und Niederösterreich - wird das Reklamationsverfahren vom Innenminister durchgeführt. - „Ein tragfähiger Kompromiß", meint Pröll: „Vor allem ist aber gegen die Entscheidung des Innenministers eine Berufung beim Verwaltungsgerichtshof möglich. Letzte Instanz ist daher ein unabhängiges Gericht." Ursprünglich hatte die niederösterreichische Volkspartei überhaupt gefordert, daß ein unabhängiges Richter-Gremium für
die Reklamationsverfahren zuständig sein sollte.
Weiterhin möglich bleiben soll die mehrfache Ausübung des (kommunalen) Wahlrechtes bei Landtags- beziehungsweise Gemeinderatswahlen: an sich ist jeder Bürger in jenem Bundesland beziehungsweise in jener Gemeinde wahlberechtigt, in welcher er seinen Hauptwohnsitz hat. Jedes Bundesland kann allerdings per Landesgesetz selbst darüber entscheiden, ob auch österreichische Staatsbürger, die im betreffenden Bundesland einen Zweitwohnsitz haben, wahlberechtigt sind oder nicht.
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