6948362-1984_02_05.jpg
Digital In Arbeit

Kleiner Silberstreif am blau-gelben Krisenhimmel

Werbung
Werbung
Werbung

Niederösterreich startet von einer soliden Basis ins nicht problemlose Jahr 1984. Die Herbstwahlen haben klare parteir politische Verhältnisse geschaffen. Und in der Landespolitik gelangen—durch den Streit um Landeshauptmann Siegfried Ludwig wenig beachtet — wichtige Weichenstellungen.

Die Bewältigung der Wirtschaftsflaute ist sicher das Hauptproblem. Landesfinanzre-ferent Erwin Pröll hat dafür mit seinem Haushaltsplan Weichen gestellt. Von dem 23,6 Milliarden-Budget werden über acht Milliarden der Wirtschaftsförderung und Arbeitsplatzsicherung zufließen.

Was dem Finanzminister bei seinem Budget nicht gelungen ist, ist übrigens Pröll geglückt. Durch Einsparungen und Umschichtungen konnte der Abgang von 2,4 Milliarden (1983) auf 1,8 Milliarden gedrückt werden.

Daß mit diesem „Spar- und Investitionsbudget" der maroden Wirtschaft über die Runden geholfen werden kann, glaubt man auch in der Landes-SPÖ. Wo sich überdies ein Silberstreif am Krisenhimmel abzeichnet: zur Jahreswende sind die Arbeitslosenraten niedriger ausgefallen, als allgemein befürchtet worden war.

Als zusätzlicher Anstoß fürs Bau- und Baunebengewerbe wurden in Niederösterreich die Förderungssätze für den Eigenheimbau um 40 Prozent angehoben. Die Ansuchen um Wohnbauförderung waren um beachtliche 35 Prozent zurückgegangen. Man will den „Mut" der Häuselbauer heben. Diesmal will sich auch die VP-Mehrheit im Land nicht gegen das neue Sonderwohnbau-programm des Bundes wehren. Es ist ja auch für Eigentums- und Genossenschaftswohnungen vorgesehen.

„Flankierende Maßnahmen" für Industrie und Gewerbe soll in den nächsten Wochen eine „Wirtschafts-Enquete" erarbeiten. Ihr Ziel: neue Betriebe im Land unter der Enns heimisch zu machen.

Als wesentliche finanzielle Erleichterung für Pendler tritt heuer ab Jahresmitte der „Verkehrsverbund Ost" in Kraft. Für Nahverkehrspendler, die dabei durch den „Rost" fallen, plant das Land eine „Pendlerhilfe".

Nachahmenswert ist die „Ortsbildaktion" in Niederösterreich. 1982 hat sie Landeshauptmann-Stellvertreter Pröll gestartet. Ziel: Finden eines den Landesvierteln entsprechenden Baustils und sinnvolle Revitalisierung von Altbausubstanz.

Einer „Fassadenaktion" folgte inzwischen eine „Grünraumaktion" und eine „Dorferneuerungsaktion". Und seit Herbst 1983 wird das Baubewußtsein der künftigen Bauherren auch über den Werkunterricht an Schulen gehoben.

Übrigens: wer stilgerecht bauen und renovieren will, kann nicht Plastikfenster im Großversand bestellen. Er muß zum heimischen Tischler — und gibt damit Wirtschaftsimpulse...

1984 wird den blau-gelben Landespolitikern eine klare Stellungnahme zu Hainburg abfordern.

Grundsätzlich tritt man in ÖVP

und SPÖ für den Donauausbau ein. Ein Donaukraftwerk liefere sauberen und billigeren Strom als kalorische Kraftwerke.

Aber: man fordert absoluten Schutz der Deutsch-Altenburger Heilquellen und der Trinkwasser-Reservoirs der Anrainergemeinden. Ludwig verlangt, daß bei Planungen ein „Nationalpark Niederösterreich" berücksichtigt werden müsse. Dieser ist in einer Novelle zum Landes-Natur-schutzgesetz bereits vorgesehen.

SP-Landeshauptmann-Stell-vertreter Leopold Grünzweig fordert, daß ÖVP und SPÖ „eine gemeinsame Sprache" in Sachen Hainburg sprechen. Nun, die könnte spätestens im Landtag gefunden werden, an den Ludwig nach dem behördlichen Weg für alle Genehmigungsverfahren die letzte Entscheidung delegieren will.

Die schweren Angriffe gegen Ludwig rund um den Herbstwahlkampf hatten das Klima im blaugelben Landhaus stark abgekühlt. Bekanntlich forderte der Untersuchungsrichter Ludwigs Auslieferung, da man ihn des Wissens um Parteienfinanzierung aus Siedlergeldern verdächtigt. Ludwig-Nachfolgegerüchte, die in diesem Zusammenhang eifrig gehandelt wurden, sind wieder verstummt. Und das Klima im Landhaus hat sich wieder normalisiert.

Wohl aber überlegt SP-Landes-chef Grünzweig persönliche Konsequenzen nach der schweren Wahlniederlage seiner Partei. Schließlich hat die SP drei Mandate an die VP verloren, sie besetzt jetzt im Landtag 24, die VP 32 Sitze.

Sicher will Grünzweig nicht 1984 von der Politik Abschied nehmen. Im Herbst 1983 wurde er für zwei Jahre als Landesparteiöb-mann wiedergewählt. Der heute Sechzigjährige rechnet aber damit, im nächsten Wahlkampf nicht mehr Spitzenkandidat zu sein.

1984 dürfte also zum Jahr der personellen Weichenstellungen in Niederösterreich werden. Zumindest in der SPÖ.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung