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Gemeinsam aus der Krise

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Noch in der Wahlnacht hatte ich mich für die Bildung einer Konzentrationsregierung ausgesprochen. Dies deshalb, weil nach meiner Meinung die anstehenden wirtschaftlichen Probleme nur im breiten Konsens aller Parlamentsparteien lösbar sind.

Die Realität hat uns die Koalitionsregierung aus SPÖ und FPÖ beschert. Selbst wenn ich daran Zweifel hege, daß diese politische Neukonstruktion eine große Problemlösungskapazität besitzt, werde ich sie als Landeshauptmann voll akzeptieren und die Zusammenarbeit mit der neuen Bundesregierung suchen.

Es gehört zu meinen wichtigsten Aufgaben, den Wünschen des

Landes und der Landesbürger bei der Bundesregierung entsprechendes Gehör zu verschaffen. In der Ära Kreisky ist das gelungen.

So hat das Land Niederösterreich im Herbst 1982 mit dem Bund einen Staatsvertrag abgeschlossen, der zusätzliche Milliarden ins Land bringen wird.

Die Regierung unter Bundeskanzler Fred Sinowatz muß nun diesen Vertrag einlösen. Sonst bleibt er ein Stück wertloses Papier.

Ich werde daher darauf pochen, daß bei den Budgetverhandlungen im Herbst die notwendigen Summen vorgesehen werden: für die aufgestockte Waldviertelförderung und für die Förderungsmaßnahmen im Industriegebiet südlich von Wien, im Lilienfelder- Scheibbser- und Waidhofen- Ybbser-Raum.

Außerdem werde ich den Bund auf eine schnelle Entscheidung hinsichtlich der Finanzierung des Marchfeldkanals drängen.

Lösungen sind längst fällig auf dem Sektor der Spitalsfinanzierung. Hier müssen endlich die explodierenden Kosten in den Griff gebracht und gerechter verteilt werden. Länder und Gemeinden beklagen den Zustand, daß der Bund immer mehr an Lasten auf sie abwälzt. Sie tragen heute schon pro Patient und Tag 48 Prozent der Kosten.

Auch im Bereich des Straßenbaues spüren die Bundesländer die Finanzschwache deš Bundes. Vor allem Niederösterreich leidet darunter, weil hier der Ausbau des Straßennetzes weit hinter dem der westlichen Bundesländer zurückgeblieben ist. Es ist unzumutbar — vor allem für die Menschen in den Grenz- und Problemregionen —, daß der Ausbau des hochrangigen Straßennetzes weiter verzögert wird.

Dabei hat das Land schon durch Vorfinanzierung versucht, den Bau von Bundesstraßen zu beschleunigen. Und ich spreche mich auch für die Sonderfinanzierungsgesellschaften (AS AG und ASFINAG) aus, weil ich ihir von ihnen zusätzliches Geld und damit mehr Tempo beim Bau der Südautobahn erwarte.

Zwischen Bund und Ländern muß auch die Frage des Finanzausgleichs und damit verbunden die der Zweitwohnsitzer neu aufgerollt werden. Zum einen ist — durch den abgestuften Bevölkerungsschlüssel — das System des Finanzausgleichs ungerecht. Es benachteiligt finanziell die kleineren Gemeinden, die heute in der Infrastruktur dieselben Leistungen erbringen müssen wie die Ballungszentren.

In der Frage der Zuordnung der Zweitwohnsitzer halte ich zwei Wege für gangbar:

1. Die Ertragsanteile aus dem Finanzausgleich könnten in einem bestimmten Verhältnis zwischen Hauptwohnsitz- und Zweitwohnsitzgemeinde geteilt werden.

2. Die Zahl der Zweitwohnsitzer (rund 300.000) könnte zur österreichischen Einwohnerzahl dazugeschlagen und erst dann die Höhe der Ertragsanteile errechnet werden. Die Zweitwohnsitzer kämen dann in beiden Gemeinden voll zum Tragen.

Dringend reformbedürftig ist auch die Wohnbauförderung 1968. Sie hat sich mehr und mehr zu einem Finanzierungssystem mit sozialen Aspekten entwickelt. Heute fließt ein Drittel der Gelder in die Annuitätenstützung, in Eigenmittelersatzdarlehen und Wohnbeihilfen.

Damit entfernt sich die Wohnbauförderung immer mehr von ihrem ursprünglichen Ziel: die rasche Schaffung preiswerter Wohnungen in ausreichender Zahl. Würden die Förderungsmittel wieder voll in den Wohnbau fließen, wäre eine deutliche Belebung der Bauwirtschaft die Folge.

Die Wohnbauförderung ist ein Beispiel dafür, daß der Bund die Rahmenbedingungen schafft für die wirtschaftlichen Anstrengungen der Länder. Ein Bundesland kann sich nicht von der Wirtschaftssituation des Staates abkoppeln, auch wenn es eine ausgewogenere Budgetpolitik betreibt. Die großen Linien der Konjunktur-, Struktur- und Innovationspolitik kommen vom Bund.

Hier erwarte ich im Sinne einer, erfolgversprechenden Beschäftigungspolitik, daß die Bundesregierung alle Mittel und Möglichkeiten einsetzt, damit in unserer Wirtschaft die Branchen, Betriebe und Arbeitsplätze von morgen entstehen.

Denn damit stellen wir sicher, daß auch morgen noch die Pensionen finanzierbar sind und daß für die jungen Menschen genügend Arbeitsplätze da sind.

Die Länder werden alle Maßnahmen mittragen, damit wir aus der Krise wieder zur Vollbeschäftigung finden.

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