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.. seynd die Wachskerzler gar ehrliche und redliche Leut..
„Gott grüß euch alle miteinander! Mit Gunst bin ich aufgestanden, Mit Gunst will ich mich wieder setzen.
Grüßte ich das Gelage nicht,
War’ ich ein ehrlicher Lebzelter nicht.
Gott ehre das Gelag,
Heut’, morgen und jeden Tag!
Und ist es auch nicht groß,
So ist’s doch nicht an Ehre bloß! Gott segne das ehrbare Handwerk!“
So sprach der Lebzeltergeselle des Mittelalters, wenn er auf Wanderschaft war und sich zum Mittagstisch eines gastfreundlichen Meisters setzte. Nach dem Essen bekam er dann vom Meister ein Geschenk, 20 bis 30 Kreuzer, und wenn dieser selbst keine Arbeit für ihn hatte, einen „Verschreib“, also die Adresse eines befreundeten Meisters, der einen Gesellen benötigte.
Als die Mönche, von Karl dem Großen unterstützt, Siedlungen gründeten, das Volk Ackerbau, Viehzucht und Handwerkskünste lehrten, wurden für die Aufsicht der unzähligen Bienenvölker, die in den ausgedehnten Wäldern, in Bäumen oder Felsspalten, ihre Honigwaben ablegten, sogenannte „Zeidler“ bestellt.
Ihnen stand das Recht des „Zei- delns“ (Honigschneidens) und des Metsiedens ziu. Außerdem erzeugten sie aus Honig und Mehl verschiedene Kuchen, die sehr „lebbe“ (das heißt labend, süß) waren. Aus der Bezeichnung „Lebbezeidler“ dürfte das spätere Wort „Lebezeidler“ und dann die heutige Bezeichnung Lebzelter entstanden sein.
Nach diesem kurzen geschichtlichen Rückblick zeigte mir der Meister ererbte Werkzeuge und Modeln aus dem 16. Jahrhundert, die er in alten Bauernschränken aufbewahrt. Sie stehen heute noch in Verwendung und werden mit großer Liebe und Sorgfalt gepflegt. Die Modeln, aus Obstholz gestochen, wurden immer vom Meister selbst oder vom Gesellen als Gesellenstück angefertigt.
Ursprünglich als Lebkuchenformen gedacht, werden sie heute nur noch zum Gießen von Wachsreliefs verwendet, die den prunkvollen Kerzen als Zierde dienen. Diese Modeln sind durch den oftmaligen Gebrauch durch und durch mit Wachs getränkt, wodurch sie gegen den Holzwurm geschützt sind. Wachsstücke, die Herz, Hand oder Fuß darstellen, wurden früher von Kranken in der Kirche geopfert, um sich dadurch Heilung zu erflehen. Von der Kirche nach einiger Zeit wieder eingesammelt, wurden diese dem Wachszieher übergeben, welcher daraus wieder Kerzen zog.
Im Mittelalter war die Wachszieherei und Lebzelterei ein einträgliches Gewerbe. Meister und Gesellen waren angesehene Handwerksleute, denn sie hatten vor vielen Zunfthandwerkem den Vorrang und trugen zum Zeichen ihrer Würde mit Stolz den Degen. Sorgsam hütete der Lebzelter seine Rezepte, nach denen in seiner Backstube die süßen und beliebten, duftenden Lebkuchen hergestellt wurden. Es schien förmlich eine geheime Kunst zu sein, und jeder Meister suchte durch eigene Mischungen und Würzungen dem anderen den Rang abzulaufen.
Allerdings gab es unter den Wachsziehern und Lebzeltern auch so manche „Pantscher“, denen dann der berühmte Kanzelredner Abraham a Sancta Clara ins Gewissen redete:
„Sonst seynd die Wachskerzler gar ehrliche und redliche Leut, außer denenselben, welche allerley Harz, Pech und Terpentin unter das Wachs mischen, daß solche Kerze sich eines kurzen Lebens erfreut, ja dergestalt abnimmt, daß eine Träne die andere schlägt; vielleicht beweint sie das Schelmenstuck des Meisters, der fast wert ist, daß ihm der Henker den Docht von der Kerze um den Hals binde. Es seynd auch die Lebzelter nicht alle heilig, einige aus ihnen sieden einen so schlechten liederlichen Meth, daß hiervon an einem Kirchtag die Bauern fast die Gedärm verlieren.“
Die Gründung der ersten Stearinkerzenfabrik (1839) war ein schwerer Schlag für das Gewerbe der Wachszieher. Lange Zeit sah es so aus, als wäre das Ende der schönen, handgezogenen Wachskerzen gekommen. Seit einigen Jahren aber finden die festlich geschmückten Kerzen, oft sogar als Weihnachtsgeschenke, wieder viel Anklang. Diese Geschmacksentwicklung kommt natürlich den
Wachsziehern zugute, deren größte Sorge derzeit der Mangel an geeigneten Nachwuchskräften ist.
Die Nachfrage nach Lebkuchen hingegen hat nie aufgehört, die Lebzelter konnten von den Zuckerbäckern und Keksfabriken nicht verdrängt werden.
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