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Erwachsenenbildung bringt Chancengleichheit

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Wie kann die Erwachsenenbildung einen Schritt zur Chancengleichheit bedeuten? Mit dieser Frage befaßte sich die ÖVP dieser Tage in Salzburg. Das Ergebnis: Es gibt zum mindesten ein Problembewußtsein in der großen Oppositionspartei. Mehr noch: Innerhalb der Partei scheinen Vorstellungen zur besseren Ordnung auch auf diesem Gebiet zu bestehen, Alternativen scheinen sich zu entwickeln. Unklar bleibt allerdings nach wie vor, was eigentlich mit dem zwar nie beschlossenen, aber doch publizierten Plan 4 zur Lebensqualität (Bildungspolitik) geschehen soll, der in Folge seiner zum Teil links angehauchten Vorschläge problematisch erscheint.

Quer durch die Veranstaltung zogen sich die Problemkreise des Verhältnisses der Erwachsenenbildung zum Staat, das Verhältnis zwischen allgemeiner und beruflicher Erwachsenenbildung und schließlich der besonders wichtige Problemkreis der politischen Bildung.

Im Zentrum scheint das Erhalten des letzten freien Restes unseres Bildungssystems zu stehen, die Angst vor der Verschulung, der Verstaatlichung, dem Zentralismus. Dabei sitzt die Erwachsenenbildung in einer Zwickmühle. Auch die Erwachsenenbildung, wie kein Teil des Bildungssystems, kann sich aus den Leistungen der Benützer dieser Einrichtungen finanzieren. Sie ist auf Subventionen angewiesen.

Diese Förderung, vor allem die des

Bundes, hat in den letzten Jahren ständig abgenommen, weil die Geldmittel zum Teil für zentrale Projekte des Unterrichtsministeriums, zum Teil gezielt für bestimmte Institutionen verwendet wurden. Dazu kommt das Versagen der Reform, die seit 1-970 versucht, aber nie zu Ende geführt wurde.

Die ÖVP scheint sich hier wieder auf ihre eigenen Grundsätze besinnen zu wollen: Weniger Staat, mehr Eigeninitiative. Ziel der ÖVP, offenbar unter dem Eindruck der Ideologie-Diskussion, scheint es zu sein, den bestehenden Verbänden mehr Hilfe zur Selbsthilfe geben zu wollen, wobei die zentralen Projekte des Ministeriums zugunsten einer erweiterten Förderung der Verbände der freien Erwachsenenbildung zurückgestellt werden sollen. Finanzielle Mehrbelastungen wären also durch das Konzept der ÖVP nur in unwesentlichem Ausmaß zu erwarten. Interessant war der Hinweis, daß große Summen der Erwachsenenbildung aus den Mitteln der Arbeitsmarktforderung über das Sozialministerium für die berufliche Erwachsenenbildung zur Verfügung gestellt werden. Offensichtlich scheint aber damit eine gezielte Politik betrieben zu werden, um den Vorsprung der Wirtschaftsforderungsinstitute in der beruflichen Erwachsenenbildung auszugleichen, denn es werden hauptsächlich die der Arbeiterkammer zuzuordnenden Berufsforderungsinstitute gefördert.

Noch nicht ganz ausdiskutiert scheint das Verhältnis von allgemeiner und berufsbezogener Erwachsenenbildung zu sein. Der bayrische Minister Pirki meinte, man solle primär berufliche Erwachsenenbildung betreiben und von dort ausgehend in die allgemeinbildende Erwachsenenbildung überleiten, weil der Mensch dann reifer und gebildeter sei. Dieser Auffassung wurde heftig widersprochen. Richtig scheint zu sein, daß der Einstieg in die allgemeinbildenden Kurse wohl am ehesten über die berufsbezogenen zu gehen scheint.

Auf dem Gebiet der politischen Bildung hat die ÖVP, so ging aus den Referaten von Dr. Busek und des Direktors der Politischen Akademie, Dozent Andreas Khol, hervor, ein neues Konzept entwickelt, das deutlich von den Vorstellungen des Plans 4 ab rückt und sinnvoll erscheint. Im Zentrum der politischen Bildung, auch der Erwachsenen, soll die Vermittlung von Wissen im Vordergrund stehen, aber auch das Einüben einer kritischen Haltung und einer Haltung hin auf die Ausübung der Mitbestimmungsrechte des Bürgers. Politische Bildung soll aber keinesfalls ein Mittel zur Systemüberwindung sein. Die ÖVP lehnt demnach zu weit getriebene emanzipatorische politische Bildung ab, auch die „kritische politische Bildung“, wie sie von der Linken auch in Österreich vertreten wird.

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