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So fördert der Bund die Erwachsenenbildung

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In den erläuternden Bemerkungen zum Bundesförderungsgesetz für Erwachsenenbildung heißt es: „Die Bundesregierung hat in der Regierungserklärung vom 5. November 1971 ihre Absicht erklärt, der Erwachsenenbüdung ihre besondere Aufmerksamkeit widmen zu wollen…“

Die Verbände der Erwachsenenbil- / dung erhofften sich von der „besonderen Aufmerksamkeit“ der Bundesregierung mehr als nur ein Gesetz zur Legalisierung eines bereits bestehenden Zustandes. Sie erwarteten sich eine Aufwertung der Erwachsenenbildung und eine entsprechende Anhebung der finanziellen Förderung. Das Unterrichtsministerium betonte auch bis 1973 immer wieder, daß das Förderungsgesetz eine Anhebung der Subventionen zur Folge haben werde. Man brauche es für die entsprechenden Verhandlungen mit dem Finanzministerium. Seit das Gesetz vom Parlament beschlossen wurde, ist davon allerdings nicht mehr die Rede.

Eine spürbare Erhöhung der Subventionen erfolgte nur 1972, also vor dem Inkrafttreten des Förderungsgesetzes. 1969 betrug die Höhe der Förderungsmittel 18,039.845 Schüling,

1972 wurden die Förderungsmittel auf 46,452.000 Schilling angehoben, für 1977 sind 50,498.000 Schilling vorgesehen. Bei diesen Zahlen ist noch die Inflationsrate zu berücksichtigen, aber auch die Tatsache, daß die Subventionen für die Verbände vor 1972 viele

Außerdem wurde vom Unterrichtsministerium nun zwischen einer „Basisforderung“ der Verbände und „Projektförderungen“ unterschieden. Nur über die Basisforderung können die Verbände frei verfügen. Sie wurde 1972 nur um 50% erhöht und ist seither zahlenmäßig gleichgeblieben. Dazu kommen Subventionen für bestimmte Projekte. Die Problematik der Projektförderung wurde dem Ministerium von den besonders betroffenen vier allgemeinbildenden Verbänden,

Jahre hindurch gleichgeblieben waren, so daß die Erhöhungen zum Teil eine Abgeltung der Teuerung der vergangenen Jahre waren.

Die Subventionen der vier großen Eb-Verbände entwickelten sich so:

aber auch vom Leitungsausschuß der KEBÖ mehrmals und immer erfolglos vorgetragen.

Das Unterrichtsministerium steüt aber nur für neue Vorhaben Projektmittel zur Verfügung, nicht für längerfristige Tätigkeiten. Nun können aber nicht ständig neue Versuche durchgeführt werden. Außerdem besteht keine Aussicht, neu entwickelte Modelle auf breiter Ebene kontinuierlich durchführen zu können, da die Basissubventionen dafür nicht ausreichen.

Außerdem dürfen in die Projektmittel keine Personalkosten einbezogen werden. Wie aber soll ohne Personal sinnvoü experimentiert werden? Man kann das Geld wohl auf irgendeine Weise ausgeben oder teure Geräte Einkäufen. Sinnvoll ist das nicht, wenn auf der anderen Seite das Notwendigste fehlt. Diese Poütik des Unterrichtsministeriums ist schwer verständlich, es sei denn, man untersteht, daß der Staat auf diese Weise die Er- wachsenenbüdungsverbände kürzer an die Leine nehmen will.

Die Praxis, immer mehr Mittel für zentrale Projekte einzusetzen („Serviceleistungen“ wie das Institut für Politische Bildung), bedeutet, daß die Basis, an der die eigentliche Büdungsar- beit geschieht, immer weniger bekommt. So sind im Voranschlag für 1977 10,5 Mül. Schüling für die ORF-Akademie und das Institut für Politische Büdung vorgesehen. Ein Teü dieser Mittel wird zwar noch den Verbänden für Projekte zugute kommen, weü sich die Gründung dieser Institutionen verzögert hat, doch ist die Tendenz sichtbar.

Ein richtiges Bild dieser Förderungspolitik erhält man natürlich erst, wenn man die Infiationsraten berücksichtigt. Für den Ring österreichi scher BUdungswerke wurde berechnet, daß die Gesamtsubvention (Basisförderung und Projektförderung) unter Berücksichtigung der Inflationsrate von 1969 bis 1975 um insgesamt 17% gesunken ist. Daß es unter diesen Bedingungen auf die Dauer nicht möglich sein wird, Qualität und Umfang der BUdungsarbeit auf dem bisherigen Stand zu halten, ist klar. Von einer Verbesserung kann überhaupt keine Rede sein. Die vier aügemeinbilden- den Verbände trugen diese Entwicklung bei einer Vorsprache im Parlament den Ministern Sinowatz und Androsch vor. Minister Androsch gab den Verbändevertretern dabei den Rat, zunächst die Qualität ihrer Arbeit und damit den Ruf der Erwachsenenbildung in der Öffentlichkeit zu verbessern. Dann werde die Regierung mehr für die Erwachsenenbildung tun können. Die Erwachsenenbüdung soü sich demnach wie Münchhausen am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen. So sieht es also aus, wenn die Bundesregierung erklärt, „der Erwachsenenbildung ihre besondere Aufmerksamkeit widmen zu wollen“.

(Aus einer demnächst erscheinenden Untersuchung der Sozialwissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft SWA „Erwachsenenbildung in Österreich“.)

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