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Sinnleere Fragestellung

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Um „Berufung und Sendung des Laien in Kirche und Welt“ geht es in den „Lineamenta“, dem Vorbereitungspapier für die nächste ordentliche Bischofssynode. Dazu eine kritische Stellungnahme.

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Um „Berufung und Sendung des Laien in Kirche und Welt“ geht es in den „Lineamenta“, dem Vorbereitungspapier für die nächste ordentliche Bischofssynode. Dazu eine kritische Stellungnahme.

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These 1. Die Fragestellung ist vordergründig sinnleer. Denn der Laie ist als getaufter Christ kleinstes Bauelement im Organismus der Gemeinde. Seine Berufung und Sendung sind so vielfältig wie die Spezialleistungen und Funktionen der Zellen eines höheren Lebewesens. Jede Einschränkung wäre eine Beschneidung des Heilswillens Gottes und der Vielfalt übernatürlichen Lebens.

These 2. Ein sinnvoller Weltbegriff kann sich nur auf den wissenschaftlichen Begriff des Universums, auf eine von Gott gewollte und geordnete Schöpfung oder auf die Erdoberfläche als Lebensraum des Menschen beziehen. Dagegen ist der Weltbegriff der „Lineamenta“ wenig hilfreich, beliebig vieldeutig, gno-

stisch-manichäisch und lokalapokalyptisch verbogen. Insbesondere ist Welt als Nicht-Kirche (achtmal im Gegensatzpaar Kirche-Welt in den „Lineamenta“) mit einer „katholischen“ Kirche nicht vereinbar.

These 3. Die Verschmelzung von Priester- und Hirtenamt ist historisch-politisch und nicht metaphysisch-theologisch begründet. Die Verschmelzung des priesterlichen und des monastischen Menschenbildes ist weder historisch noch metaphysisch, sondern bloß lehens- und kirchenrechtlich begründet. Schließlich ist die Definition des Laien als Nicht-Kleriker widerspruchsvoll, wenn unter Klerikern priesterliche und monastische Menschen verstanden werden. Denn dann ist Jesus Christus als Stifter der Kirche kirchenrechtlich ein Laie. Außer-

dem hat Franz von Assisi bewußt als Laie eine Laienbewegung gegründet.

These 4. Die „Lineamenta“ vermengen unterschiedliche Weihebegriffe auf unzulässige Weise. Weihe kann bedeuten

(a) einen Ordinationsritus für spezielle Funktionen in der Gemeinde oder in der Großkirche

(b) persönliche Hingabe an eine Aufgabe; Verantwortung und Verpflichtung für die Behebung bestimmter Nöte.

(c) Tabuisierung eines Opferpriesters, einer Opfergabe oder eines heiligen Bezirks; Ausklammerung aus dem profanen Bereich.

Version (a) ist weder ausschließlich noch unabdingbar, aber unter anderen Möglichkeiten (Überreichung von Amtstracht, Insignien oder Dekreten) sinnvoll. Version (b) ist für Kleriker und Laien in gleicher Weise entscheidend. Version (c) sollte schon seit dem Kreuzestod Jesu erloschen sein (Zerreißen des Tempel Vorhanges), wird aber immer noch kultiviert.

These 5. Das Prophetenamt ist von seinen Ursprüngen her stets ein spontaner Laienauftrag. Die Verschmelzung von Propheten-und Hirtenamt paralysiert das Prophetenamt, weil das Prophetenamt gerade der Korrektur des Hirtenamtes dient.

These 6. Die Definition des Laien als Welt-Kirche-Hybrid ist sinnleer, wenn man nicht am ma-nichäischen Begriff einer verworfenen Welt festhält. Sowohl Kleriker als auch Laien können ihre heilsgeschichtlichen Funktionen nur soweit wahrnehmen, als sie die Menschenfreundlichkeit Gottes in der Welt durch Wort und Tat verkünden.

Der Autor ist Atomphysiker an der Technischen Universität Wien.

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