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Wer ist der Täter ?"
So rätselhaft die österreichische Innen(und Außen-)politik schon bisher oft war — so harte Nüsse wie jetzt hat sie noch selten zu knacken gegeben: Wer ist glaubwürdig? Wer lügt? Wer irrt sich? Und schließlich die Kernfrage: Wer ist überhaupt wer? Eine Frage, deren Beantwortung nicht nur dadurch erschwert wird, daß die Beteiligten (noch?) nicht im „Who is who?" stehen.
Amateurdetektive an die Front! Klärt die verwirrenden Meldungen, beantwortet die entscheidenden Fragen: Wer hat wem wann und wo wieviel und wofür gegeben? Wer hat in diesem Kriminalstück noch eine „weiße Weste" und keine „dicke Brieftasche"?
Der Detailfragen sind es unzählige: Wer war bei SPÖ-Partei-sekretär Max Strache, wenn es nicht die ehemalige Rauchwar-ter-Sekretärin Gertrud Kieteubl war? Wer erkundete ihre Bankkonten? Und wer wollte mit einer „dicken Brieftasche" Informationen von ihr bekommen?
Der stets in Budgetnöten befindliche Finanzminister Herbert Salcher soll einen Schreikrampf bekommen haben, als er hörte, daß in Österreich noch Leute mit „dicken Brieftaschen" herumlaufen. Seither fahnden seine Beamten nach solchen Leuten.
Keine Frage, daß Gertrud Kieteubl (und ihr Telefon) Tag und Nacht überwacht werden, falls der Unbekannte sich noch einmal meldet. Auch der Durchschnittsbürger möge sich hüten, in Zukunft in der Öffentlichkeit seine Brieftasche zu zücken — sie könnte einem Salcher-Spion zu dick vorkommen.
Nicht ganz geklärt ist auch, inwiefern sich Ex-ÖVP-Partei-sekretär Walter Zimper als „Fallensteller" versuchte („Winter-Killer" Alfred Worm hatte leider sein Tonband nicht mit); anscheinend probierte Zimper die Falle zuerst an sich selbst aus.
Und wo ist die mysteriöse Unterschrift eines hohen ÖVP-Poli-tikers unter einer Quittung über zwei Millionen Schilling? Laut FPÖ-Landeschef Harald Ofner bei einem Wiener Neustädter Juristen. Bei welchem? Sucht, Amateurdetektive, findet es heraus!
Angesichts meiner eigenen Ratlosigkeit gegenüber diesen Fragen höre ich schon die Vorwürfe meiner detektivischen Vorbilder in meinem geistigen Ohr:
„Strengen Sie Ihre kleinen grauen Zellen etwas mehr an, mon eher Hastings", würde Hercule Poirot sagen, unwillig seinen Eierkopf schütteln und seinen monströsen Schnurrbart streichen.
„Ein simples Drei-Pfeifen-Problem, mein lieber Watson," ließe sich Sherlock Holmes vernehmen, um zu seiner Stradivari zu greifen.
Meine erste schöne Theorie (aus Agatha-Christie-Lektüreentwik-kelt) lautete: Zimper hat als falscher Strache bei Kieteubl angerufen und, als Kieteubl verkleidet, Strache besucht. Ein Satz Straches, der glaubwürdig klingt, fegte diese Theorie vom Tisch: Die Besucherin soll „eine hübsche Frau" gewesen sein. Solche Erscheinungsvielfalt ist nicht einmal Zimper zuzutrauen.
Dabei halte ich manche Politiker Österreichs für sehr wandlungsfähig. Sie sind aber eher Stegreifartisten als große Schauspieler, denn dazu sind sie viel zu vergeßlich. Wie sollen sie einen Text behalten, wenn die Übernahme größerer Geldbeträge sofort ihrer Erinnerung entschwindet?
Meine zweite Theorie geht dahin, daß die Widersprüche sich dadurch erklären lassen, daß jeder, wenn er inzwischen einem Mann mit einer noch dickeren Brieftasche begegnet ist, seine Aussage wieder ändert. Daher: Findet einmal die Männer mit den dicken Brieftaschen!
Wie rasch klärte sich dagegen der Anschlag auf die Schauspielerin Isabell Weicken. Umstritten ist nur: War wirklich der Theatermanager Werner Ploner der Auftraggeber oder jemand, der Ploner belasten wollte (ja sich vielleicht sogar als Ploner verkleidete)?
Sicher ist auch, daß die Gerüchte, ÖVP-Gesundheitssprecher Günther Wiesinger könne auch mit dieser Nasenverstümmelung zu tun haben, auf einem Mißverständnis beruhen. Wiesinger wurde nicht eine Rolle namens „Evita", sondern eine Bar namens ,JEve" zum Verhängnis.
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