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Der Fall La Pira

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Diese vielleicht etwas eintönige und zu ausführliche Schilderung ist notwendig gewesen, um die Reaktion hinter der bronzenen Pforte des Vatikans im rechten Zusammenhang zu sehen. Die nicht zufällige Häufung bedrohlicher Episoden und die Furcht, Moro und die Demo-crazia Cristiana könnten, um zu konkreten Ergebnissen zu gelangen, in die Knie gehen und im Grundsätzlichen nachgeben, veranlaßte die kirchliche Zentrale, mit starker Hand dazwischenzufahren. Dazu genügte, wie bei anderen Anlässen, eine im „Osservatore Romano“ veröffentlichte Note, deren Kursivschrift andeuten sollte, daß sie „von maßgeblicher Stelle inspiriert“ sei. Die katholischen Politiker wurden tüchtig bei den Ohren genommen. Der „Dialog mit den Kommunisten“ ist, in Italien jedenfalls, abgeblasen. La Pira bekam wegen seiner höhnischen Bemerkung im besonderen eines ab. Ohne den Konformismus sich unkonformistisch gebärdender katholischer Intellektueller wäre es nicht zu der Herausforderung durch den „Stellvertreter“ in Rom gekommen, und ohne die stille Mitwirkung sich katholisch bezeichnender Politiker nicht zu dem Gerede von der Revision des Konkordats.

Das war eine harte Sprache. Eine Warnung an die DC war schon vor einigen Wochen aus dem Vatikan erfolgt und hatte gezeigt, daß man dort keineswegs mit ihr zufrieden war. Papst Paul VI. hat nach einer langen Reihe von Jahren die „Bürgerkomitees“ in Audienz empfangen. Die eher konservative und rechtsstehende Organisation katholischer politischer Kreise, die ihre Haupttätigkeit besonders in Zeiten der Wahlkampagne entfaltet und ihre Aufgabe vor allem in einem Aufklärungsfeldzug gegen den Kommunismus sieht, steht unter der Leitung des einstigen Vorsitzenden der Katholischen Aktion Italiens, Professor Luigi Gedda. Es liegt auf der Hand, daß der Stil ihres Antikommunismus nicht gerade der „reformierte“ Moros und der katholischen Linkskreise ist. Zu ihnen sagte der Papst in der für ihn charakteristischen indirekten Art, die „Comitati cirici“ dürften sich nicht etwa als Kondensationskern für eine neue katholische Partei betrachten; für den Heiligen Stuhl sei derzeit die einzige katholische Partei in Italien die Democrazia Cristiana.

Der Eingriff seitens des Vatikans hat die Bemühungen des Ministerpräsidenten Moro rasch zu ihrem Ende gebracht. Die Konzentration der Kräfte, die Klärung, die „weitreichende“ Regierungsumbildung unterblieben, und man begnügte sich mit einer sehr begrenzten „technischen“ Umstellung im Kabinett, für die zwei kostbare Monate verloren sind. Das einzige greifbare Ergebnis ist der Eintritt Fanfanis in das Kabinett, aber nur im eigenen Namen, nicht als Vertreter seiner Gruppe.

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