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Saragats Prestige wächst

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Auch die Republikaner haben sich für die Wiederaufnahme des Experiments der „Linksöffnung” ausgesprochen und ebenso die Sozialdemokraten Saragats. Dieser hat außer dem allgemeinen noch ein sozusagen privates Interesse daran. Er sieht in der Zusammenarbeit mit den Sozialisten Nennis eine gute Chance, um die günstigen Bedingungen für eine sozialistische Wiedervereinigung zu schaffen, für jene große, demokratische, sozialistische Partei, die den Italienern als Alternativlösung zwischen den christlichdemokratischen und kommunistischen Wahlblöcken angeboten werden soll. Das Prestige Saragats ist in einem steten Wachstum begriffen; derart, daß sogar einen Augenblick lang in der Democrazia Cristiana die Idee ventiliert wurde, angesichts des Versagens Moros und des Mangels an anderen geeigneten Kandidaten für den Posten des Regierungschefs überhaupt auf das Nominierungsrecht zu verzichten und dem Präsidenten Saragat zu indizieren. Seine Demo- kratizität, seine • Europa- und Atlantiktreue stehen außer Frage, und die Sozialdemokraten haben sich in den wirtschaftlichen und finanztechnischen Dingen so vernünftig gezeigt, daß eine Regierung unter Saragat ohne Zweifel rasch das Vertrauen der Wirtschaftskreise zurückgewinnen würde. Die Idee ist aber sofort wieder aufgegeben worden. Die Prestigeminderung der DC in ihrer Wählerschaft, das Eingeständnis ihrer Armut an Persönlichkeiten, ihres inneren Zwiespaltes würde sich katastrophal ausgewirkt haben. Es wäre als ein Akt der Abdankung ausgelegt worden.

Mit halbem Herzen

Die Christlich-Demokraten haben sich dann doch entschlossen, Aldo Moro als Kandidaten zu nennen. Sie sind aber nur mit halbem Herzen dabei (die rituellen Lobsprüche und Danksagungen sind ohne Bedeutung), und es ist auch das letzte Wort noch nicht gesprochen. Wenn es zu einer Beauftragung Moros kommt, wie es in diesem Augenblick den Anschein hat, so wird der Ministerpräsident eine Reihe von Auflagen erhalten, die seine Verhandlungen mit den Sozialisten dornig machen werden. Man wird von ihm verlangen, daß er die Koalitionspartner zum Verzicht auf einige kostspielige und nicht dringende Reformen bewegen soll. Man denkt vor allem an die Durchführung der Regionalordnung Italiens. Die Sozialisten wieder werden auf allem bestehen wollen, was ihnen der Kongreß als Bedingung für die Teilnahme an der Regierung gestellt hat. Nur ein Außerordentlicher Parteikongreß könnte die Direktiven ändern.

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