KPÖ Graz zeigt menschliche Politik
Der Grazer KPÖ-Erfolg ist ein Lehrstück in politischer Bildung: Bürgerliche Zerrbilder von „marxistisch“ bekommen ein anderes Gesicht, wenn man das Engagement für die materiellen Lebensumstände und gegen ein krasses Verteilungsunrecht ernst nimmt.
Der Grazer KPÖ-Erfolg ist ein Lehrstück in politischer Bildung: Bürgerliche Zerrbilder von „marxistisch“ bekommen ein anderes Gesicht, wenn man das Engagement für die materiellen Lebensumstände und gegen ein krasses Verteilungsunrecht ernst nimmt.
Schon vor den Wahlen meinte ein „Politikberater“, dass die KPÖ in Graz nichts als „linken Populismus“ betreibe. Die Expertise dieses Fachmanns (es war nicht Herr Filzmaier!) in Ehren, aber das halte ich für eine missgünstige Fehleinschätzung.
Populismus meint doch meist abwertend eine gewisse Rosstäuscherei, die dem Volk zwar simple Lösungen anbietet, aber nicht zu dessen Nutzen, sondern nur im Sinne von Machtzuwachs bestimmter Parteien. Das ist aber bei der KPÖ-Graz nicht der Fall, im Gegenteil: Eine Gruppe engagierter Linker, für die Links-Sein ein glaubwürdiges persönliches Engagement für die ökonomisch und sozial Schwachen bedeutet (wie auch für viele Katholikinnen und Katholiken!), hat damit anhaltenden Erfolg. Und das trotz einzelner anachronistischer KPÖ-Hardliner (etwa dem Leobener Stadtrat und Landtagsabgeordneten Werner Murgg) und trotz des historisch belasteten Begriffs des „Kommunismus“, dessen Untaten jetzt weidlich ausgeschlachtet werden – wenngleich sich die steirische KPÖ davon distanziert hatte. Gäbe es bei Schwarz und Blau, ja selbst bei Rot nicht auch Anhänger(innen) unmenschlicher vergangener und gegenwärtiger Regimes?
Was hinter diesem historischen Aufrechnen zu verschwinden droht, ist die durch hohen uneigennützigen Einsatz bedingte Glaubwürdigkeit dieser Politik: Schon Stadtrat Ernest Kaltenegger – oft „Engel der Armen“ genannt – kämpfte erfolgreich gegen ein Hauptproblem des Turbokapitalismus: nämlich dass sich viele Menschen das Wohnen (laut Artikel 16 der Europäischen Sozialcharta von 1966 ein Menschenrecht!) nicht mehr leisten können. Auch eine würdige, zum Leben reichende Entlohnung, Arbeitnehmer-Rechte u.a.m. waren stets Anliegen der Grazer KPÖ. Sie wolle für jene da sein, „die keine Lobby haben. Banken, Konzerne, Immobilienspekulanten und anonyme Geldgeber dürfen nicht länger bestimmen, was in unserer Stadt geschieht“, heißt es „klassenkämpferisch“, aber durchaus nicht unrealistisch.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!