Die Klagen über demotivierte Schüler sind altbekannt: Ein Pilotprojekt der Lehrer-Initiative COOL (Cooperatives Offenes Lernen) thematisiert nun die Motivation der Lehrer: An 15 Schulen stellen sich Lehrkräfte selbstkritische Fragen zu ihrer eigenen Haltung: Wie motiviert fühle ich mich, in bestimmte Klassen zu gehen oder bestimmte Unterrichtsthemen aufzuwerfen? "Gefährlich wird es nämlich, wenn Lehrer Werte und Haltungen vermitteln, die ihnen selbst nicht bewusst sind“, sagt Erziehungswissenschafter Franz Hofmann von der Universität Salzburg, der das Projekt wissenschaftlich begleitet. "Wir beginnen mit der Motivationsarbeit bei den Lehrern selbst, weil die Schüler deren Motivationslücken aufspüren.“
Im Laufe des zweijährigen Projekts sollen die Lehrkräfte ein Bewusstsein dafür entwickeln, in welchen Situationen sie irritiert oder unsicher sind - und wie sie damit umgehen können. "Jeder Lehrer muss für sich herausfinden, welche Methoden zum eigenen Typ passt“, meint Hofmann. Auch individuellen Strategien zur Stressreduktion erlernen die Pädagogen durch das Pilotprojekt. "Wenn sie am Weg in eine Klasse große Machtlosigkeit spüren, sollten sie bewährte Strategien parat haben“, sagt der Pädagoge.
Ein kleines Lehrerteam in Steyr startete vor 15 Jahren die COOL-Initiative. "Die disziplinären Probleme an einer HAK haben uns veranlasst, Sand ins starre Getriebe zu bringen“, so Mitbegründer Georg Neuhauser. Dafür haben die COOL-Initiatoren Kontakt mit Reformpädagogen in den Niederlanden und Dänemark aufgenommen.
Seither hat sich viel getan: 2002 hat das Unterrichtsministerium das COOL-Impulszentrum in Steyr eingerichtet. Mittlerweile machen über 1500 Lehrer an 150 Schulen mit. Den Erfolg erklärt sich Neuhauser so: "COOL kommt aus der Praxis und wird auf kollegialer Ebene verbreitet, der Dialog mit der Wissenschaft begleitet das Projekt, Strukturen sichern die Nachhaltigkeit.“
An den Pädagogischen Hochschulen (PH) bietet COOL Trainings zu Themen wie Aufstellungsarbeit, Prävention, Leistungsbewertung, E-learning, Schularchitektur oder Theaterpädagogik an. Fächerübergreifend arbeitende Teams tauschen sich über die Umsetzung der COOL-Idee an ihren Schulen aus. "Lehrer lernen am besten von Kollegen, nicht von oben. Um Haltungen verändern zu können, braucht man Rückmeldungen aus dem Team“, ist Neuhauser überzeugt.
In den Schulklassen gibt es regelmäßige Supervisionsphasen: "So sollen die Schüler eine Konfliktkultur erlernen, ihre Fähigkeiten reflektieren und mehr Selbstvertrauen entwickeln“, sagt der erfahrene Pädagoge. Eigenverantwortung müsse auf beiden Seiten gelebt werden: "Oft erleben wir Lehrer als nicht sehr eigenverantwortlich. Im hierarchischen Schulsystem werden sie stark gegängelt. Lehrer brauchen mehr Entfaltungsmöglichkeiten, aber sie müssen diese auch aktiv nutzen.“ (ein)
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