Wunschzettel an die Schule

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Michael Höfler (20), Bundesobmann der VP-nahen Schülerunion: Schule sollte über reine Wissensvermittlung hinausgehen und ein Lebensraum für junge Menschen sein, wo sie sich wohl fühlen, wo sie auch einen Teil ihrer Freizeit verbringen können. Ebenso fordern wir, dass sich jeder Schüler selbst seinen Bildungsschwerpunkt setzen kann. Was wir uns auch wünschen, ist die ständige Lehrerfortbildung. Viele Lehrer, die vor 20 Jahren ihr pädagogisches Studium abgeschlossen haben, beten das jetzt jahrelang von ihrem Zettel runter. Das Ministerium hat dankenswerterweise bereits Anstrengungen in diese Richtung gesetzt. Der Lehrer muss up to date sein, gerade in der schnelllebigen Zeit von heute. Die Erziehungsvereinbarungen halte ich für eine sehr vernünftige Idee. So wird den Schülern die Konsequenz ihres Handelns bewusst.

Oliver Prausmüller (20), Bundesvorsitzender der SP-nahen Aktion Kritischer SchülerInnen (AKS): Mein Wunsch an die Schule der Zukunft wäre endlich Chancengleichheit und Begabungsförderung für alle sowie für die Oberstufe ein Modulsystem, wo die Kurse wie an den Universitäten frei gewählt werden können. In einer Klasse sollten maximal 20 SchülerInnen sitzen. Lernen sollten sie neben dem Umgang mit modernen Informationstechnologien besonders soft skills: Sozialkompetenz, Rhetorik, Konflikt- und Projektmanagement. Vor allem wünsche ich mir mehr Schülermitbestimmung, auch bei der Direktwahl der offiziellen überschulischen Landes- und Bundesschulsprecher. Die vom Ministerium geplante Erziehungsver-einbarung klingt zwar demokratisch, doch das kann oft in Knebelungsverträgen enden. Jede Schule ist doch bedacht, ihr gutes Image zu bewahren.

Dr. Christine Krawarik, Vorsitzende des Verbandes der elternvereine an höheren Schulen Wiens: Am meisten wünsche ich mir Lehrer, die einen inte-ressanten Unterricht halten - und einen, der den Kindern angepasst ist. Da hapert es oft. Auch die Prüfungsmethoden sind teilweise noch so wie bei mir. Die Erziehungsaufgaben von Eltern und Schule gehen grundsätzlich ineinander über, also können die Lehrer nicht einfach sagen, sie hätten damit nichts zu tun. Sicher gibt es auch Eltern, wo die Situation zu Hause schwierig ist. Deshalb wäre die Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhaus wichtig. Oft haben die Eltern im Zweiergespräch mit den Lehrern Ängste. Deshalb wünschen wir uns, dass es verpflichtende, jährliche Klassenelternabende für jede Schulstufe gibt. Und natürlich wünschen wir uns eine geringere Klassenschülerzahl.

Mag. Helmut Jantschitsch, AHS-Lehrergewerkschafter:Was Schule nicht leisten kann ist, alle gesellschaftlichen und insbesondere familiären Defizite auszugleichen. Schule soll weltoffene, demokratisch denkende, kritische junge Menschen auf den Lebensweg schicken. Sie soll sie möglichst breit bilden und nicht zu früh spezialisieren, denn kein Mensch weiß, welche Grundlagen ein heute 15-Jähriger im Jahr 2020 haben muss. Gerade unter den derzeitigen Rahmenbedingungen mit Klassenschülerzahlen von oft über 30 Kindern kann man bestenfalls klassischen Unterricht im schlechten Sinne machen, aber sicher nicht das Individuum fördern. Auch die Technologiemilliarde hat sich noch nicht bis in die Schulen durchgeschlagen. Sie ist ein hoffnungsfrohes Phantom, das wir sehr begierig erwarten. Am meisten fehlt uns aber eine Motivationsmilliarde, nicht nur in Schilling, sondern in Anerkennung durch die Politiker. Vielleicht sollten sie einfach einmal eine Schule aufsuchen oder einen Jahresbericht durchblättern, um zu sehen, was dort geleistet wird.

Stefan Oblasser, Jugendbereichsleiter im privaten Bildungsträger Ibis Acam (salzburg): Wir unterstützen Pflichtschulabgänger bei der Arbeitssuche und sehen die Praxisferne der Jugendlichen als größtes Manko. Im polytechnischen Lehrgang gibt es etwa nur zwei Wochen Praktikum. Zwei Monate mit Reflexion würden den Jugendlichen die Berufwahl aber wesentlich erleichtern. Unser pädagogisches Modell geht nicht von einem gleichen Lehrstoff für alle Schüler aus, sondern sieht mit den Jugendlichen klare, individuelle Zielvereinbarungen vor. Sie müssen begreifen, dass sie für ihr Wissen verantwortlich sind.

Dr. Gerhard Riemer, Abteilung Bildungs- und Gesellschaftspolitik der Industriellenvereinigung:Neben den vielfachen Erziehungs- und Bildungsaufgaben muss die Schule auf eine Lebens- und Arbeitswelt vorbereiten, die sich dynamisch entwickelt und in der sich nur jemand bewähren kann, der Bereitschaft zum Weiterlernen mitbringt. Für das Verstehen von Wirtschaft wollen wir nicht einen eigenen Gegenstand einführen, sondern sie erlebbar machen, etwa durch "junior enterprise", wo spielerisch Unternehmen gegründet werden, und zu den Kulturtechniken Lesen, Schreiben, Rechnen kommen der Umgang mit Information und eine Fremdsprache dazu.

Professor Alfred Schirlbauer, Institut für Erziehungswissenschaft an der Uni Wien: Der Schule wünsche ich eine Rückbesinnung auf ihren ursprünglichen Sinn. Ich denke etwa an die Herkunft des Wortes "Schule" vom griechischen "schole", "Muße". Das heißt Entlastung von so genanntem Aktuellen, von zeitgeistigen Trends - daher auch weniger Lebensnähe als vielmehr Distanz zum Leben, weniger Moralerziehung als vielmehr die Erarbeitung von grundlegenden kognitiven Fähigkeiten. Auch der Industrie und Wirtschaft würde es dienen, wenn die Leute wirklich denken könnten, zum Beispiel die Sprache oder Mathematik beherrschen. Wenn man dieses Herumg'schafteln schon in der Schule hat, wo angeblich die Fähigkeiten ausgebildet werden sollen, die später in der Wirtschaft verlangt werden, dann irrt man sich. Teamfähigkeit oder Flexibilität ergeben sich von selber, wenn man die Leute ins Denken bringt. Von den Lehrern wünsche ich mir, dass sie ihr Fach verstehen. Das bedeutet auch ein Abspecken in punkto Didaktik und methodischem Firlefanz.

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