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Adolf Loos, am 10. Dezember 1870 in Brünn geboren, ist der kühnste und sauberste der Wiener Architekten des „Art nouveau“, die um die Jahrhundertwende einen neuen Stil des Bauens entwickelten. Ihm ist eine ausgezeichnete Ausstellung in der Galerie Würth le gewidmet, die unter dem Protektorat der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs steht. Der fast taube Sohn eines Steinmetz und Bildhauers empfing seine entscheidenden Eindrücke in Amerika, wo er von 1893 bis 1896 mit den Werken der Chicago- School von Jenney Richardson und Louis Sullivan („Form folgt der Funktion“) bekannt wird, in denen Konstruktion und Ausdruck identisch werden. Nach Europa zurückgekehrt, wendet sich Loos in seinen polemischen Schriften — die noch heute von grundsätzlicher Bedeutung sind und im Herbst dieses Jahres im Herold-Verlag erscheinen werden — gegen die nur äußerliche Baugesinnung seiner Zeit, aber auch gegen die Ornamentfreudigkeit der Sezes- sionisten, um schließlich eine eigene Bauschule zu gründen. Das Cafe Museum, die Villa Karma, die Kärntner Bar, Geschäftslokale und Wohnungen entstehen. 1910 baut er das Haus am Michaelerp'atz, das für die österreichische und deutsche Architektur von entscheidender Bedeutung wird. Villenbauten. Wohnungen und große Ent würfe- folgen, bis Loos 1922 das Amt eines Chefarchitekten der Gemeinde Wien, das er kurze Zeit innehat, enttäuscht zurücklegt, um vorwiegend in Paris zu leben und dort, in der Tschechoslowakei und auch noch in Österreich zu hauen. In Frankreich wird er als großer Künstler anerkannt, in Österreich von einer geschäftstüchtigen Clique beiseitegeschoben.

Seine Baugesinnung, die sich in einer zutiefst ethischen Haltung zu seiner Berufung äußerte, wendete sich gegen falsche Originalität, die Verwechslung des Handwerks mit Kunst und war von sozialem Mitgefühl getragen. Sie ist vom Menschen und vom Menschlichen her bestimmt und setzt eine neue Raumplanung, die den Bedürfnissen des Wohnens entspricht. Seine Form, vom Räumlichen her gedacht, ist eminent plastisch und von schlichter Einfachheit und Größe, die wahre Monumentalität in sich birgt. Innen und Außen ergeben ein Organisches Ganzes, und die Proportionen sind von letzter Ausgewogenheit und Feinheit. Klassischer Geist drückt sich in seinen Bauten aus, kein Wunder, daß sein Genius in Frankreich erkannt wurde und Loos heute in der ganzen Welt zu den großen Vorläufern der wahrhaft modernen Architektur gezählt wird.

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