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Adolf Loos

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Eine ebenso schöne wie würdige und wichtige Ausstellung im Museum des 20. Jahrhunderts ehrt — allzu spät — das Andenken, das Werk und den durchdringenden Geist des großen Architekten Adolf Loos, der — 1870 in Brünn geboren — 1933 in Wien starb. Was seine Persönlichkeit im Denken und Handeln für seine Zeit bedeutete — und auch heute bedeuten sollte —, wird in ihr nur zu deutlich. Die klassische Grundhaltung von Loos, der Baukörper als räumlich-plastische Elemente empfand und verwirklichte, verband sich mit einer Auffassung vom Wohnen und vom Konstruktiven, die, von englischen und amerikanischen Vorbildern (Sullivan) beeinflußt, in der Ausgewogenheit der ästhetischen Mittel, bei der das Material in seiner natürlichen schmucklosen Schönheit einbezogen wurde, auch an die Kunst des fernen Ostens erinnert. Die Verschränkungen und Graduierungen der kubischen und runden Formen, ihre subtilen Verhältnisse, ihre einfache und monumentale Würde, besitzen ein Maß, das von letzter Feinheit des Empfindens und nur scheinbarer Radikalität des Denkens zeugt, weil es bei ihm — wie es alles Denken sollte — auf das Wesentliche, auf das Zentrum zielte. Dieses Maß. das Loos verwirklichte, das den Mensrhen als Mittelpunkt trug und immer wieder den Menschen meinte, besitzt klassische Größe und gibt seinem Werk jene entscheidende Bedeutung, die ihm trotz seines geringen Umfanges und der tragischen Verstümmelungen, die es immer wieder in Kauf nehmen mußte, nicht nur für Österreich, nondern für die gesamte europäische Architektur zukommt. Daß es bei uns nicht in dem ihm gebührenden Ausmaß erkannt wurde und zum Tragen kam, ist nicht nur bedauerlich, sondern ein Unglück geworden. Um so erfreulicher ist es, daß nun gerade unter den jungen Architekten wieder Besinnung und Rückkehr zu jenem Ethos, da* die Baugesinnung von Loos prägte, gespürt werden kann. Einigen von ihnen, der Arbeitsgruppe 4 (Holzbauer, Kurrent, Spalt), ist die überzeugend schöne und schlichte Gestaltung dieser Ausstellung zu danken, ebenso wie ihre Bereicherung durch zahlreiche, bisher nicht bekannte und greifbare neue Dokumente. Der Würdigkeit der Ausstellung entspricht ihre unwürdige Vorgeschichte, die anseheinend aus persönlicher Ranküne eine offizielle Eröffnung und damit eine längst fällige Ehrung Adolf Loos' verhinderte, wohl aus der Angst, daß einmal der Künstler und nicht das persönliche Geltungsbedürfnis im Mittelpunkt stehen könnte. Diese Tragikomödie hat im Grund die Schuld, die an ihm abzugelten ist, nur vergrößert und ihr eine neue Schmach hinzugefügt. Loos selbst würde allerdings nur ironisch und verständnisvoll über diesen Skandal gelächelt haben, der aber für uns in seiner symptomatischen Bedeutung keinesfalls Grund zum Lachen ist. In der Galerie Vogl stellt Oswin

Amann eine Reihe seiner Landschaftszeichnungen aus Niederösterreich aus. Mit sehr subtilem Empfinden geht der junge Künstler in ihnen den elementaren Formen und der Physiognomie der Landschaft nach, den Schichten und Kuppen der Hügel, den vielfältigen Verschränkungen und Brechungen der Häuser — immer auf der deutlichen Suche nach einem neuen - verdichtenden Ausdruck für das Raumerlebnis. Was sofort und unmittelbar überzeugt, ist die Poesie und die Reinheit der Empfindung, die Wahrhaftigkeit, mit der die Auseinandersetzung mit wesentlichen Problemen der Naturdarstellung gesucht und angegangen wird. Eine Wahrhaftigkeit, die keine Mache kennt und schon daher äußerst sympathisch und wesenhaft berührt. Es sind sehr stille, schöne und fragile, lyrische Blätter, die die Begegnung mit den Fortschritten einer der erfreulichsten Begabungen auf ihrem von großem Verantwortungsbewußtsein vorgezeichneten Weg vermitteln.

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