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Versunkene Komödienromantik

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Drei Einakter von Arthur Schnitzler, von Heinrich Schnitzler inszeniert und mit Leopold Rudolf in den Hauptrollen: es war ein Abend der Schauspieler, ein Abend der Töne, der Melodie und Atmosphäre. Ein Josefstädter Abend wie schon lange nicht. Die „Stunde des Erkennens“ schildert die Endstation einer am melodramatischen Müßiggang frivoler Bürgerseelen geicheiterten Ehe, die „Große Szene“ nimmt in •atirisch pointierter Form die erbärmliche Verantwortungslosigkeit eines „genialen“ Bühnen- und Frauenhelden aufs Korn, im „B a c c h u S f e s t“ schließlich stehen einander ein romantischer Fluchtversuch ins Abenteuer und die Geborgenheit im Bündnis echter und tiefer Gefühle gegenüber. Von sehr weit kommt das alles zu uns herüber, aus einer fernen Welt zart verhangener Abenteuer, gedämpft und schwül und unwirklich. Was diese Spiegelungen der Impressionen und Sentimentalität unvergänglich macht, ist die Kunst des Wortes und der dramatischen Verknappung, sind die unbestreitbare Meisterschaft der Bühnenfeuilletonistik und die Poesie einer diagnostischen Befundliteratur. „Komödie der Worte“ heißt somit der Abend sehr zu Recht. Vilma Degischer, Susi Nicoletti, Erik Frey, Alfred

Böhm und Elfriede Ott bestreiten diesen Schnitzler-Abend mit dem treffsicheren Profil echter Josefstadt-Persönlichkeiten.

Franz M o 1 n ä r s Lustspiel „Die Fee“ in den Kammerspielen ist hingegen absolut veraltet. Die Geschichte jener unschuldig-lasziven Kinoplatzanweiserin, deren Weg in den Sumpf finanziell auswertbarer Abenteuer mit altruistischen Vorsätzen gepflastert ist, hat die 30 Jahre Distanz, die uns von derlei oberflächlicher und sentimentaler Komödienromantik trennen, nicht überstanden. Eine Prise Ironie blieb übrig, ein Quentchen Menschenhintergrund und ein klein wenig Tragikomik (von Ernst Waldbrunn in gewohnter Art vortrefflich verwaltet) — aber was nützt das, die Figuren, die uns dieses Lustspiel vorsetzt, leben heute nicht mehr — allein der Text ist nicht mehr tragbar. Vor allem läßt sich dergleichen, was Hans J a r a y tat, keinesfalls „aktualisieren“, sondern bestenfalls im Stil, im Ton und in den Kostümen der zwanziger Jahre zurückspielen. Und die „Fee“ müßte einen Zauber ausstrahlen, müßte ein anmutiges, liebenswürdiges Geschöpf sein. Chariklia Baxevanos aber ist und hat just das Gegenteil davon.

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