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Der schöne Klang der Tamburizza
Wer schon einmal die schönen, exotisch-anmutenden Tamburiz-zaklänge der burgenländischen kroatischen Pop-Gruppen - vielleicht im Urlaub - gehört hat, darf sich fast schon als Kenner der österreichischen kroatischen Minderheit bezeichnen. Auf so niedrigem Niveau befindet sich unser Wissensstand über diese Volksgruppe.
Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, wonach gemäß Artikel 7 des österreichischen Staatsvertrages - ohne einschlägige Verordnung, wie dies im Volksgruppengesetz von 1976 festgelegt war - die burgenländischen Kroaten gegenüber den Behörden ihre Muttersprache verwenden dürfen, hat wieder die Aufmerksamkeit auf jene ethnische Gruppe gelenkt, die seit 450 Jahren in jenem Bundesland lebt, das seit 1921 zu Österreich gehört
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ spricht - selbst erstaunt über die kaum bekannte österreichische Minderheit — von einer „allmählich in der deutsch-österreichischen Kultur aufgehenden Volksgruppe“. Und in der Tat: unter dem Deckmantel der Sprachregelung, daß es zwischen der deutsch- und kroatisch-sprechenden Bevölkerung des Burgenlandes keinerlei Probleme gebe, hat man den Eigenwert der Kroaten völlig vergessen.
Zudem gab es unter den Kroaten selbst starke Assimilierungs-tendenzen, die es den Behörden leicht machten, über eine Erfüllung des Artikels 7 erst gar nicht zu reden.
Eine Minderheit in der Minderheit, die auf mehr Selbstbewußtsein der Volksgruppe drängte und lautstark „Dajte nam ölan 7“ (Erfüllt den Artikel 7) forderte, wurde geflissentlich ignoriert, Anstrengungen von Kroaten-Vertretern, die ethnische Minderheit im Mehrheitsvolk präsent zu halten, desavouiert. Da war nicht selten von Extremisten die Rede.
In diesem Zusammenhang setzt das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ein deutliches Signal. Muß es der Mehrheit doch darum gehen, in jeder nur erdenklichen Weise das Volkstumsbe-wußtsein der Angehörigen einer Minderheit zu stärken.
Nicht selten wird gefragt, warum sich Österreich mit den Minderheiten „so viel antut“. Nirgendwo gehe man mit Volksgruppen so vorsichtig um.
Aber vielleicht hat Österreich aus seiner Geschichte gelernt und lernt noch. Die Förderung der kulturellen Kraft von Minderheiten ist ein Hinweis auf das Selbstverständnis einer Nation, eines Staates. ,
Es geht ums Uberleben der Kroaten in Österreich. Das bedeutet mehr als die Erhaltung eines kroatisch-magyarischen Lokalkolorits im Burgenland als Bestandteil touristisch wirksamer Folklore. Denn Tamburizza-Spie-len kann erlernt werden, das kroatische Volkstum nicht. Deswegen muß' Österreich diesen Minderheiten-Kurs fortsetzen.
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