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Eingebaute Spannung

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Es wird also eine rot-blaue Koalition geben. Das ist — nicht nur, aber insbesondere dort — im Bereich Wirtschaft die sachlich am wenigsten logische Variante: Wirtschaftsprogrammatisch ist die FPO von der SPD weiter als die OVP entfernt (siehe auch S. 5).

Wenn Sich die ÖVP der „sozialen“ Marktwirtschaft, die FPÖ aber der „liberalen“

Marktwirtschaft verpflichtet fühlt, ist das mehr als eine semantische Spielerei. Die FPO ist keine „Volkspartei“ (in der Bedeutung des Wortes), braucht deshalb auch nicht wie die ÖVP auf einen starken Arbeitnehmerflügel Rücksicht zu nehmen. Es wäre unseriös, der FPÖ deshalb soziale Rücksichtslosigkeit anzuhängen. Nur weil das Wort „liberal“ im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsprogramm vor kommt, ist die FPÖ noch lan- ■ ge nicht „manchesterliberal“. Kapitalistischer als die OVP ist sie aber allemal.

Es wird auch bei einer rotblauen Koalition, ich schrieb es hier letzte Woche, eine deutliche wirtschaftspolitische Kurskorrektur geben, obwohl das — nimmt man die Wahlkampfaussagen — nach Meinung der SPÖ absolut falsch ist. Trotzdem wird zunächst alles eitel Wonne sein. Norbert Steger wird — im Vergleich zum Mandatsstand — überproportional viel durchsetzen und entsprechend gefeiert werden.

Die SPÖ weiß, daß das der Preis für die Koalition ist — und in dem einen oder anderen Fall sogar froh sein, daß sie zu etwas „gezwungen" wird, was sie ohnehin für richtig hält, als Alleinregierung aber bei ihren Parteigängern nicht durchzustehen vermeinte.

Wie schaut aber so ein Verhältnis, das nicht die Liebe, sondern die Taktik gebar, nach zwei Jahren aus? Wenn erst die Freude über die Verhinderung der Sparzinsensteuer, einer höheren Besteuerung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld verflogen ist, wird sich heraussteilen, daß man als Juniorpartner in einer Koalition mit der SPÖ die Wirtschaftspolitik nicht grundlegend verändern kann.

Von einer Partei mit dem Wählerpotential der FPÖ zu einer unternehmerfreundlicheren Politik über den Koalitionskompromiß hinaus gezwungen zu werden, steht die SPÖ bei ihren Kemschichten nicht durch.

Hinweise auf die BRD, wo das doch funktioniert hätte, sind lächerlich: Steger ist nicht Lambsdorff, in der SPÖ gibt es keinen Helmut Schmidt, u?id die kleine Koalition, die jetzt zustande kommt, folgt nicht auf eine abgewirtschaftete große, sondern auf eine abgewirtschaftete Alleinregierung. Wie das funktionieren wird, wenn die Verstaatlichte schon demnächst wieder um einige Subventionsmilliarden einkommt und Norbert Steger sein Wirtschaftsprogramm ernst nimmt, darauf darf man gespannt sein …

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