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Schulanfang — mit oder ohne Religion?

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Religion ist in fast allen Schultypen Österreichs ein Pflichtfach, jedoch mit der merkwürdigen Ausnahme, daß man sich durch Abmeldung dieser „Pflicht” entziehen kann. Motive für Abmeldung sind: Freistunden zu bekommen, innere Ablehnung gegen die Art des Beligionsunterrichtes oder die Person des Lehrers, jedes Jahr auch da und dort gezielte Abwer-bung aus ideologischen Gründen.

Heuer geriet der Religionsunter -richt aus verschiedenen Gründen neu in Diskussion. Was würde fehlen, fiele er tatsächlich aus?

Für den Schüler fehlte ein Unterrichtsfach, das sich, wie kein anderes, mit seinem Leben befaßt. Wo ihm geholfen wird, sich selbst kennen und annehmen zu lernen und sich seiner Stellung und Aufgabe in Gesellschaft und Kirche bewußt zu werden. Zwei Schulstunden in der Woche, in denen der Blick zum Transzendenten geweitet und damit die Welt tiefer gedeutet wird. Ohne Religionsunterricht fehlte der Gesellschaft ein Erziehungspotential zu mehr Solidarität, Versöhnung, Verantwortung gegenüber dem Nächsten und der Schöpfung.

Der Schule ginge ohne Religionsunterricht eine der Möglichkeiten ab, Fächer auf einem einigenden, sinnstiftenden Hintergrund „zusammenzuschauen”. Es fehlte eine besondere Hilfe, Wissen und Leben in Einklang zu bringen und neue Motive für engagiertes Handeln zu finden.

Aber müssen solchen Unterricht gerade Konfessionen verantworten, die selbst unter geschichtlicher Belastung leiden? Erfahrung mit Gott kommt immer aus gemeinsam erlebter Geschichte und nicht aus abstraktem Denken. Will man diese weitergeben - und darauf haben junge Menschen ein Recht -•dann kann ein Ethikunterricht das Zeugnis einer gläubigen Gemeinschaft nicht ersetzen. Und was die dunklen Seiten der Kirchengeschichte anlangt, sollen sie nicht verschwiegen, die positiven Seiten aber auch nicht überblättert werden.

Schulanfang ist Anlaß, über Religionsunterricht sachlich nachzudenken. Die ihn geben, werden sich bemühen, ihn noch besser zu gestalten. Die ihn bekämpfen, sollen bedenken, was sie damit einer Jugend, der Schule und der Gesellschaft möglicherweise vorenthalten.

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