Religion in der Schule

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Wer Kinder im Pubertätsalter hat oder hatte, weiß, daß ab diesem Alter die Abmeldung vom Religionsunterricht rudelweise erfolgt (als Mutter einer Siebzehnjährigen weiß ich, wovon ich rede). Hauptgrund der Abmeldungen: Der Unterricht geht an den kognitiven und emotionalen Bedürfnissen der Schüler vorbei. Gerade in dem Alter, in dem grundlegende Haltungen und Wertvorstellungen geprägt werden, wenden sich die meisten Schüler von der Religion ab.

Gewiß, es gibt auch positive Ausnahmen - Religionslehrer, die auf die Bedürfnisse der Schüler eingehen, auf die Fragen, die sie an sich, an die Gruppe, an die Gesellschaft stellen. Ihnen wird dann offiziellerseits der Vorwurf gemacht, ihr Unterricht vermittle mehr Philosophie und Psychologie statt klassischer theologischer Inhalte. Die engagierte, den Interessen der Schüler entgegenkommende Richtung auch in den offiziellen Lehrplänen festzuschreiben, heißt letztlich nichts anderes, als den Religionsunterricht auf die Erfordernisse einer pluralistischen Gesellschaft auszurichten.

Immer noch, auch in einer immer fragmentierteren, immer orientierungsloseren Gesellschaft bleibt die Kirche eine der sinnstiftenden Institutionen. Sie liefert individuelle Werte und soziale Werte, ohne die menschliches Zusammenleben nicht funktioniert. In diesem Sinn hat der Religionsunterricht christlichen Humanismus zum Inhalt, Kenntnis der eigenen Religion samt historischen und gesellschaftlichen Bedingtheiten sowie die Fähigkeit, mit anderen Religionen in Dialog zu treten.

Wer stattdessen nur theologische Unterweisung fordert, verwechselt die Schule mit der Kanzel. Die Schule ist kein Ort der Missionierung. Wer den pluralistisch geöffneten, an den Bedürfnissen der Schüler orientierten Religionsunterricht aufgibt, provoziert zwingend die öffentliche Debatte über den staatlich finanzierten Religionsunterricht als Ganzes, für manche sowieso ein Relikt aus den vergangenen Tagen des Staatskirchentums.

Wen wundert es, daß die derzeitige Debatte zwischen konservativen und progressiven Kirchenvertretern die Fürsprecher des Ethikunterrichts anstelle des Religionsunterrichts auf den Plan ruft?

Die Autorin ist ORF-Journalistin in Wien.

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