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Weit an den Rand gedrängt

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In Salzburg nehmen nur etwa zwei Prozent der Lehrlinge am Re-ligionsunterricht teil. Noch krasser ist es in Kärnten: Dort gibt es 21 Berufsschulen mit rund 11.000 Schülern, aber nur an zwei Schulen hat jeweils eine Klasse - insgesamt 38 Schüler - Religionsunterricht.

Diese Fakten kamen bei der Prä-sentation der von dem Sozialfor-scher Erich Brunmayr durchgeführ-ten "Lehrlingsstudie: Religion und Religionsunterricht", die sich nur auf die Bundesländer Niederöster-reich, Oberösterreich und Salzburg bezog, zur Sprache. Sie zeigen, daß Teilnahme am Schulfach Religion nicht nur eine Frage des Wollens, sondern auch des Könnens ist.

Verglichen mit Salzburg nehmen sich die Teilnehmerzahlen in Nie-derösterreich (77 Prozent) und Oberösterreich (61 Prozent) imposant aus. Die Brunmayr-Studie stellt fest, daß die Eltern in diesen drei Bundesländern fast im gleichen Ausmaß die Teilnahme am Religionsunterricht unterstützen, in Salzburg aber Schuldirektoren und Lehrer merklich weniger Sympathie für dieses Fach aufbringen.

In Tirol und Vorarlberg ist Religion auch an Berufsschulen ein Pflichtfach mit der Möglichkeit der Abmeldung, in allen anderen Bundesländem ein Freifach, für das man sich eigens anmelden muß und das oft in Randstunden verlegt wird. Das kann bedeuten, daß am Schultagsende zwischen 17 und 18 Uhr in mehreren Klassen zeitgleich Religionsstunden angesetzt werden, dafür aber nicht genug Religionslehrer zur Verfügung stehen (welche aber tagsüber Zeit hätten). Außerdem ist dieser Termin vielen Fahrschülern, die noch nach Hause kommen wollen, nicht zumutbar.

Die Arbeitsgemeinschaft "Reli-gionsunterricht an Berufsschulen" strebt daher an, daß Religion überall Pflichtfach (mit der Möglichkeit der Abmeldung) werden und besser in den Stundenplan eingebettet werden soll. Fachinspektor Reinhold Kern aus Linz hebt hervor: "Wir wollen niemanden zum Besuch des Religionsunterrichtes zwingen, aber wir fordern, daß der Religionsunterricht im Rahmen des normalen Unterrichtsangebotes flächendeckend angeboten wird." Und sein Kollege Bernhard Spiss aus Salzburg betont, zur Zeit herrsche große Nachfrage nach ethischer Bildung, diese werde aber nur im Religionsunterricht vermittelt.

Die Religionslehrer meinen, daß Teilnehmer am Religionsunterricht eine andere Einstellung zu Themen wie Konsum, Umwelt, Entwick-lungshilfe entwickeln als ihre Altersgenossen und auch die Kirche differenziert zu sehen lernen. Im Grunde identifizieren sich nur etwa zehn Prozent der Lehrlinge ohne Vorbehalte mit der Kirche, etwa 20 Prozent (deutlich eher Mädchen und Landbewohner) besuchen regelmäßig den Gottesdienst. Nur zwei bis drei Prozent sind pfarrlich aktiv.

Am Religionsunterricht schätzen die Schüler vor allem zweierlei: Er bietet eine Erholung im Schulalltag und die Möglichkeit der freien Meinungsäußerung. Er wirkt aber nur auf den persönlichen Glauben, nicht auf die Kirchlichkeit. Am stärksten beeinflußt der religiöse Glaube die Vorstellungen der Lehrlinge bezüglich Partnerschaft, Familie, Zukunft. In erster Linie vermittelt der Glaube Hoffnung und Trost, nur jeder 20. Lehrling sucht darin Anleitungen zum Handeln oder konkrete Lebensorientierung.

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