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Grüne Perspektiven

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Schon das Vorwort warnt, „daß die wirtschaftlichen Ziel- und Wunschvorstellungen der .Grünen* * alles andere als in sich schlüssig sind …“ Die Widersprüchlichkeit der Beiträge ist Nachteil und Vorteil zugleich. Was die Grünen in der Öffentlichkeit kennzeichnet, sind ihre von ihnen selbst als solche beschriebenen „verwirrenden Debattenstrukturen“ . „Was sie“ nach ihrem eigenen Selbstverständnis „eint, ist die Suche nach einem Neuanfang in der wirtschaftspolitischen Debatte.“ Und dieses Bemühen ist mir sympatisch!

Die „Perspektiven“ sind gegliedert in die Blöcke Grundsatzfragen, Ordnungspolitik, Strukturpolitik, Arbeitspolitik, Alternative Produktionspolitik, Frauen und Ökonomie, Sozialpolitik und Außenwirtschaftspolitik. Nahezu jeder Block besteht aus kontroversen Beiträgen.

Geduld erfordern die Beiträge im verstaubten Stil der verblühten „68er-Ideologen“ mit reaktionären Klassenkampf-Schlagworten des „utopischen Sozialismus“ . Daß der „reale Sozialismus“ - gemeint ist das wirtschaftliche und politische Debakel des Ostens — noch schlimmer ist als der westliche „Wohlfahrtsstaat“ , wird zwar trotz Beschimpfung ausdrücklich zugestanden (Warum sagt eigentlich keiner Kommunismus zum Kommunismus?). Dann aber wird über viele Dutzende Seiten signalisiert, ökonomisiert, hierar- chisiert, segmentiert, abstraktifi- ziert (!), korridorisiert (!), konfli-

giert (!), chaotisiert

Ich glaube nicht, daß die „Basis“ dieses soziologische Polit-

Chinesisch mit einem Fremdwörteranteil bis zu 20 Prozent versteht. Und allein für eine Elite aus der „Szene“ sollte es doch wohl nicht gedacht sein…oder?

Die meisten mittelständischmarktwirtschaftlich ausgerichteten Autoren drücken sich nicht minder kritisch, doch ungleich klarer, differenzierter und vor allem mit persönlicher Wertung aus. „Wir wissen inzwischen, daß es nicht darum geht, die letzte Hausfrau in die Fabrik zu scheuchen, aber auch nicht darum, das Haus als frauliche Domäne gegen die konsumistische Kaputtsanierung in Schutz zu nehmen (Barbara Sichtermann).“

Im Beitrag zur neuen Geldordnung zeigt Dieter Suhr auf, daß Unternehmer und Arbeitnehmer auf einer Seite arbeiten, um die Taschen des Kapitalgebers zu füllen — eine Erfahrung, die gerade tüchtige Unternehmer oft genug gegenüber Banken beklagen. Jochen Reiche klärt Mißverständnisse über die ökologische Marktwirtschaft, Joachim Müller und Barbara Wais arbeiten realistische Vorstellungen zur Ressourcenbesteuerung, über Immissionsabgaben, Wertschöpfungssteuern und Personalsteuerreformen aus.

Die Dokumentation gibt schon jetzt vieles neu zu überlegen. Sie entlarvt manche Geheimnisse der „Sachzwänge“ . Eine neu durchdachte, klar ausgedrückte, stark gestraffte Zusammenfassung dieser „Perspektiven“ mit begründeter persönlicher Wertung wäre ein handfester politischer Leitfaden für den gewünschten Neuanfang in der wirtschaftspolitischen Debatte.

Auch in Österreich.

Der Autor ist Vorstand der TGM-KUNST- STOFFTECHNIK in Wien.

PERSPEKTIVEN ÖKOLOGISCHER WIRTSCHAFTSPOLITIK. Von der Projektgruppe Grüner Morgentau (Hrsg.), Campus Verlag, Frankfurt 1986. 638 Seiten, brosch., öS 530,-.

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