Kanzler mit Ablaufdatum?

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Welches Kalkül steckt hinter dieser SP-Personalrochade? Ein misslungener Befreiungsschlag, meinen viele Beobachter.

Der erhoffte Befreiungsschlag ist eindeutig misslungen: Auch nach der Personalrochade am vergangenen Montag wird eine Frage nur noch mehr die Beobachter beschäftigen: Wann geht Kanzler Alfred Gusenbauer, wann muss er gehen?

Dass sich die Klugheit des Schachzuges erst später erschließen würde, glaubt der Politologe Peter Filzmaier im Furche-Gespräch ebenso wenig wie andere Kommentatoren und Beobachter. Halbherzig sind auch die Reaktionen aus der Partei. Wiens Alt-Bürgermeister Helmut Zilk etwa meint in einer ersten Reaktion, er hätte sich mehr erwartet, es sei ein "erster Schritt". Man wartet gespannt auf die nächsten. Die Befriedung ist damit auch parteiintern bestenfalls kurzlebig.

Doch völlig abschreiben will zumindest Filzmaier den Kanzler noch nicht. Gusenbauer setze auf den Faktor Zeit. Skeptisch sieht Filzmaier aber die Ämtertrennung zwischen Parteivorsitz und Kanzlerschaft. In der Theorie schaue das gut aus, in der Praxis sei das kaum schaffbar.

Beobachter verweisen auf das Beispiel Deutschland, das für Gusenbauer nichts Gutes ahnen lässt. Nachdem Kanzler Gerhard Schröder (SPD) die Parteiführung an Franz Müntefering übergeben hatte, wurde er als "Kanzler mit Ablaufdatum" tituliert - und tatsächlich war das hohe Amt schon ein Jahr später Geschichte.

Wer das Ende herbeiredet …

Befürworter des Modells einer Ämtertrennung könnten sich nun über eine "self fulfilling prophecy" beschweren. In der SPÖ selbst hat diese Trennung keine Tradition, sie kam nur kurz in Übergangsphasen zur Anwendung.

Von einer solchen Phase will in der Partei natürlich jetzt niemand gerne reden. Noch regiere König Fußball, wie Filzmaier sagt. Der Schlüssel liege nun beim Parteitag im Herbst. "Das Schlimmste, was der SPÖ dort passieren könnte, wäre das Bild einer verdrossenen Partei." Ob Gusenbauer diese Rochade als seine Idee verkaufen will oder auch kann, bleibt fraglich. Tatsache ist laut Filzmaier, dass offenbar niemand in der Partei in die Offensive gegangen ist und gesagt hat: Ich will diesen Job! Auch der designierte Parteiobmann Werner Faymann sei alles andere als offensiv aufgetreten. Den Wunderwuzzi, etwa gegen die Teuerung, gebe es eben nicht.

Die ÖVP reagiert erwartungsgemäß kritisch und wird die Sache für sich nützen wollen. Die Probleme der SPÖ seien damit sicher nicht gelöst worden, meint Vizekanzler Wilhelm Molterer. Man werde die Lage nun neu bewerten. Für die Koordinierung sei nun eine "weitere Telefonnummer" nötig, die Verhandlungen würden damit komplizierter, fürchtet Generalsekretär Hannes Missethon. Die neue Telefonnummer wird er schon gespeichert haben, doch geht es nach vielen Kommentatoren kann er bald eine löschen.

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