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III. Kinderzahl und Begabung

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Es ist eine Tatsache, daß in den Bauern- famijien dj., Großfamilie vorherrscht und ehemals auch eine wirtschaftliche Notwendigkeit darstellte, denn die eigenen Kinder waren die billigsten Arbeitskräfte. Auch die städtischen Familien waren früher größer als heute, erreichten aber selten die Kinderzahl der bäuerlichen Familien. Mit der Zunahme der Mechanisierung der Landwirtschaft nahm auch die Kinderzahl in den bäuerlichen Kreisen ab: innerhalb einer Generation pro Bauernfamilie um durchschnittlich 2,4 Kinder; trotzdem steht die bäuerliche Familie mit der Kinderzahl noch weit an der Spitze. Da die Mechanisierung der Landwirtschaft von Jahr zu Jahr größer wird und die Abwanderung der jungen bäuerlichen Generation.

Von vielen älteren Lehrpersonen hört man klagen, daß das „Schülermaterial" von Jahr zu Jahr schlechter wird und die Begabten zahlenmäßig im Schwinden sind, die Minderbegabten hingegen steigen. Was die Herkunft der begabten Kinder betrifft, so stehen an der Spitze die Kinder der Akademiker und Beamten. Die folgende Uebersicht gibt näheren Aufschluß:

von Jahr zu Jahr zunimmt, weil sie zu Hause keinejJixiftenzmöglichkeiSbfrnehr findet wird auch.die Kinderzahl in .den, bäuerlichen Kreisen’ weiterhin abnehmen. Die schwierigen Fragen des Erbteiles und die Erhaltung des Hofes sind die Ursachen, daß in Großbauernfamilien die Kinderzahl noch geringer ist und die Durchschnittsziffer selten erreicht. Auf eine Familie kommen bei Bauern 3,6 Kinder, landwirtschaftlichen Arbeitern 3,1, Hilfsarbeitern 3,1, Rentnern u. a. 3, freien Berufen ohne Matura 3, Beamten, Akademikern, Maturanten 2,8, Geschäftsleuten 2,7, Beamten ohne Matura 2,5, Facharbeitern 2,5, Handwerkern 2,4, freien Berufen mit Matura 2,4, Angestellten 2,4.

Sehr interessant ist auch ein Vergleich dei Landesteilen:

Wenn heute im Mostviertel unter der Bauernschaft noch eine große Zahl von begabten Kindern anzutreffen ist, so ist dies kein Zufall, denn im Mostviertel sind weitaus bessere Lebensbedingungen für den Bauernstand vorhanden, wie vorwiegend größere Wirtschaften und gute Gründe, daher sind die Verlockungen der Abwanderung in die Großstadt nicht so groß gewesen. Es gibt vereinzelt Pfarrgemeinden, in denen der Prozentsatz der Intelligenzberufe, die vorwiegend aus dem Bauernstand stammen, auffallend groß ist. Es seien nur Hochneukirchen in der Buckligen Welt und Sindel- burg-Wallsee an der Donau genannt. Aus beiden Gemeinden gingen zahlreiche Lehrer, Professoren, Priester darunter ein Bischof, Aerzte, Wissenschaftler und Auswanderer, die es in Amerika zu Ansehen und Vermögen gebracht haben, hervor. Hingegen i.-t der Großteil der intelligenten Bauernkinder aus der Umgebung begabtesten Bauernkinder in den verschiedenen Wiens in die Großstadt abgewandert, weil sie dort sehr leicht eine Existenzmöglichkeit fanden. Besonders die Kinder der Kleinbauern fanden den Weg in die Stadt. Durch den Weinhandel standen viele Hauer mit Wiener Gastwirten in Geschäftsverbindungen. Sie halfen manchem Hauersohn in Wien eine Gastwirtschaft eröffnen oder verschafften den Mädchen eine Stelle als Köchin oder Hausgehilfin. Aber auch der karge Boden des Waldviertels zwang viele intelligente Bauernsöhne zur Abwanderung in die Stadt.

Durch die beständige Abwanderung der intelligentesten Menschen aus dem Dorfe droht dem Dorfe in der Zukunft Gefahr, da die Führerschicht dezimiert wird. Anderseits wird in Zukunft das Dorf nicht mehr der alleinige Quell sein, aus dem die fehlenden Kräfte der Stadt ersetzt werden können.

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