Was zahlt China für seinen Schmutz?

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Bei der Klimakonferenz in Doha warten seit Jahren schon ungelöste Fragen auf Antworten, schreibt die Süddeutsche Zeitung.

Zwei Welten treffen diese Woche in Doha aufeinander. Drinnen, in klimatisierten Kongresshallen, gehen Minister und Diplomaten aus aller Welt zum mittlerweile 18. Mal in die entscheidenden Tage einer Klimakonferenz. Und jenseits der Hallen stehen zum 18. Mal harte Fakten, wieder ein bisschen mehr erhärtet im Laufe des Jahres: Abermals geht eines der wärmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnung zu Ende. Das arktische Eis hat die geringste Ausdehnung aller Zeiten. Der Meeresspiegel steigt offenbar schneller als erwartet. Die Kohlendioxid-Emissionen aber, Hauptursache des Problems, werden wohl erneut einen Rekord brechen.

Es ist diese Gleichzeitigkeit aus Zähigkeit in den Verhandlungen und wachsender Evidenz, die Menschen an Klimakonferenzen verzweifeln lässt. Alle kennen das Problem, keiner handelt. Die Staaten stehen da wie ein Haufen zerstrittener Nachbarn vor ihrem brennenden Haus. Jeder weiß, wie man ein Feuer löscht, aber keiner packt an. Am Ende bleiben nur Trümmer.

Wie beteiligen sich Schwellenländer?

Und doch könnte die Konferenz im Golfstaat anders werden. Auf vorherigen Konferenzen fanden sich die Verhandler stets in einem Dschungel verschiedenster Probleme wieder, die alle irgendwie mit dem Klimawandel zusammenhingen. Wie lässt sich der Raubbau in Tropenwäldern eindämmen? Wie die Folgen des Klimawandels in Entwicklungsländern? Wer organisiert den Finanztransfer zwischen Verursachern und Leidtragenden des Klimawandels? Wer zahlt?

Die Kernfrage aber war nur eine unter vielen: Nämlich wie die Industriestaaten und aufstrebende Schwellenländer ihre Emissionen begrenzen - und wie sie der wachsenden Lücke zwischen Soll und Haben in der Klimapolitik gerecht werden. Auch an dieser Komplexität scheiterte 2009 die Konferenz in Kopenhagen so grandios. Inzwischen aber hat sich etwas getan. Es gibt eigene Abmachungen für den Schutz der Regenwälder. Es gibt einen Fonds, der den Umbau der Wirtschaft in Entwicklungsländern unterstützt und einen für die Bewältigung der Klimafolgen. Keine dieser Abmachungen reicht aus; weder ist der Tropenwald gerettet noch steht die Finanzierung der Fonds auf sicheren Beinen. Aber es gibt eigenständige Verhandlungen darüber, damit lichtet sich der Dschungel. In Doha könnten die Staaten so zum Herzen des Problems vordringe.

Dort wartet seit Jahren schon die ungelöste Frage, wie sehr sich in Zukunft auch Schwellenländer wie China, Indien, Brasilien am Klimaschutz beteiligen - sprich: Wie schnell und wie stark sie bereit sind, ihre Emissionen zu senken.

Verschenkte Jahre

Es gibt eine Hypothek der verschenkten Jahre: Schon jetzt wird sich die Erdtemperatur kaum noch bei einem Plus von zwei Grad stabilisieren lassen. Wenn das aber gelingen soll, werden die ohnehin dürftigen Zugeständnisse der Vergangenheit bei weitem nicht reichen.

Die Geschichte der Klimapolitik gibt wenig Anlass zum Optimismus, dass ihnen dies gelingen wird. Und doch kommen die Staaten in Doha um solche Fragen nicht mehr herum. Das gilt auch für die Schlupflöcher, die Abkommen wie das Kyoto-Protokoll zuließen. Doch Verträge, die einerseits die Emissionen begrenzen, andererseits aber osteuropäischen Staaten für den Kollaps ihrer Industrien weiter CO2-Blankoschecks ausstellen, sind wertlos. Ob es gelingt, solchen Unsinn abzustellen, wird einiges über die Ernsthaftigkeit der Bemühungen aussagen - und ob es lohnt, auf Klimakonferenz Nummer 21 zu warten. Die soll dann den Durchbruch bringen. Würde ja auch mal Zeit.

Süddeutsche Zeitung, 3. Dezember 2012

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