Flimmernde Aussichten
FOKUSHitzewelle in Europa: Unschuldig in der Klimahölle
Alle reden von der Hitzewelle in Europa. Aber die Erwärmung trifft Länder Afrikas oder Polynesiens viel härter. Sie können nichts für die Katastrophe, werden aber auf den Kosten sitzen gelassen.
Alle reden von der Hitzewelle in Europa. Aber die Erwärmung trifft Länder Afrikas oder Polynesiens viel härter. Sie können nichts für die Katastrophe, werden aber auf den Kosten sitzen gelassen.
Siebzehnter Oktober 2009: Als erster sprang der maledivische Präsident und gelernte Ozeanograf Mohamed Nasheed vor der Insel Girifushi in den Indischen Ozean. Es folgten der Vizepräsident und elf Minister. Mit der Kabinettssitzung sechs Meter unter der Meeresoberfläche machte die Regierung auf die existenzielle Bedrohung ihres Inselstaats aufmerksam. Der klimabedingte Meeresspiegelanstieg – 18 bis 59 Zentimeter würden reichen – könnte die Malediven noch im 21. Jahrhundert unbewohnbar machen. Präsident und Regierung appellierten mit Blick auf die 15. UN-Klimakonferenz in Kopenhagen an die Staatengemeinschaft, ihren CO₂-Ausstoß drastisch zu reduzieren. Seit 2010 sind die vom Menschen verursachten Treibhausgas-Emissionen Kohlendioxid, Methan etc. durchschnittlich um 1,3 Prozent pro Jahr gestiegen.
13. November 2021: Die 26. UN-Klimakonferenz in Glasgow sollte als Treffen in die Geschichte eingehen, bei der sich die Staatengemeinschaft von der Kohle verabschiedet. Erstmals überhaupt wurde im Abschlussdokument eines Klimagipfels ein Bekenntnis zum längerfristigen Ausstieg aus der Kohle und dem Abbau fossiler Subventionen abgelegt. Allerdings wurde der Text immer wieder verwässert, um die Zustimmung Chinas und Indiens zu bekommen. Sieben Monate später ist durch den Ukrainekrieg die Realität eine andere. Südafrika schickt so viele Schiffe mit Kohlefracht nach Europa wie noch nie, China nimmt geschlossene Kohleminen wieder in Betrieb, auch in den USA steigt der Kohleverbrauch erheblich. Österreich will das Kohlkraftwerk Mellach wieder anwerfen. Die Erreichung der hehren Klimaziele rückt in noch weitere Ferne.
Wer trägt die Kosten? 150 Milliarden Dollar kostete der Hurrikan „Katrina“ im Jahr 2005. Dies ist sehr wenig im Vergleich zu den wahrscheinlichen wirtschaftlichen Schäden im Zuge der globalen Erwärmung in diesem Jahrhundert. Denn neben den direkten Schäden wie Ernteausfällen muss die Menschheit auch die Kosten für die Anpassung an das veränderte Klima und die Vermeidung eines weiteren Temperaturanstieges tragen, wobei die Entwicklungsländer den Großteil der Lasten tragen werden.
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