Doppelfalle im Klimakrieg

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In den letzten Tagen vor der UNO-Klimakonferenz in Kopenhagen werden die Positionen bezogen und deutlich gemacht. Einmal mehr stehen dem erforderlichen Schutz der Umwelt massive wirtschaftliche Interessen gegenüber.

Das Faktum des Klimawandels läuft den Interessen der Petro-Industrie zuwider. Das, und nichts anderes, ist der harte Kern der Auseinandersetzung im Vorfeld des UNO-Klimagipfels von Kopenhagen. Die Wissenschafter mühen sich, mit teils redlichen, sprich empirisch korrekten, teils fragwürdigen Methoden, zu sicheren Aussagen über die tatsächliche Erderwärmung und ihre Ursachen zu kommen. Die These vom Klimawandel wird von manchen bestritten. Zuletzt beschuldigte man sich gegenseitig der Unterdrückung der freien Meinung. Prognosen bleiben schwierig, aber Gemessenes ist außer Streit zu stellen: Es gibt einen Anstieg der Temperaturen, dieser führt zum Abschmelzen von Gletschern sowie Polkappen, und er hat seine Ursache im Ausstoß von Kohlendioxid. Dieses entsteht u.a. durch die Verbrennung von fossilen Brennstoffen. Punktum. Abgase bleiben ungesund. Und dennoch gibt es, nicht zuletzt wegen wirtschaftlicher Interessen, einen veritablen Streit um den Klimawandel, dem ein geopolitischer folgt.

Warnungen laufen gegen den Mainstream

Wir brauchen nicht zu weit in die Geschichte zurückzugreifen, es genügt ein kurzer Rückblick, um zu erkennen, wie oft Warnungen in den Wind geschlagen, wie oft jene, die sie aussprechen, als eine Kassandra – die übrigens Recht behielt – geschmäht wurden. Die Warner vor dem Klimawandel wurden schon als Alarmisten denunziert, als eine Art Bußprediger der Neuzeit, um sie ins Eck der moralisch veranlassten Übertreibungen zu stellen. Es ist stets das gleiche Bild. Als Dennis Meadows vor über dreißig Jahren seine Grenzen des Wachstums publizierte, erntete er mildes Lächeln, sollte aber Recht behalten. Als vor dem sauren Regen und Übersäuerung der Gewässer gewarnt wurde, wehrten sich Gegner dieser Thesen, für diese gebe es noch keine letzte, keine absolut stichhaltige Begründungen. Um es klar zusagen: Darauf zu warten, konnte sich die Menschheit noch nie leisten.

Es war richtig, Grenzen des Wachstums zu erkennen, für den Umweltschutz Produkte und Verfahren neu zu regeln. Das gilt jetzt für den Klimaschutz, konkret für die Verminderung des Ausstoßes von Kohlendioxid. Die Wahrscheinlichkeit eines detaillierten, global verbindlichen Abkommens als Folge der Konferenz in Kopenhagen ist niedrig. Was seine Ursache in der zweiten – nennen wir es so – Falle im Klimakrieg hat.

Der übergroße Rest der Welt will aufholen

Die Vertreter aufstrebender Länder stellen sich bei den internationalen Konferenzen mit bisher kaum gekannter Hartnäckigkeit gegen die Aussagen der westlichen Welt, insbesondere wenn es um den Umweltschutz geht. Der industrialisierte Westen habe die Welt verschmutzt und damit einen hohen Lebensstandard erreicht, den er anderen aber vorenthalten wolle. Zudem verlagere gerade der Westen umweltschädigende Industrien – Stahl und Chemie müssen als Stichworte genügen – in die zweite und dritte Welt. In dieser Doppelfalle steckt der Klimaschutz. Die dritte Welt hat ihre Rechte, aber nicht auf dieselben Fehler.

Industriestaaten müssen Beispiele geben

Die Lage ist keineswegs aussichtslos. Die Industrie der hoch entwickelten Länder hat Umweltstandards gesetzt, die jetzt der Globalisierung harren. Das wäre eine lohnende Aufgabe, der es allerdings an politischem Rückhalt mangelt, nicht zuletzt weil noch kein wirtschaftliches Interesse dafür spricht. Die Petro-Industrie wiederum möge den Klimawandel zur Kenntnis nehmen und sich an der Entwicklung energiepolitischer Alternativen beteiligen. Diese stünde ihr besser an, als ständig den Wunsch der Konsumenten nach billigem Benzin als Volksabstimmung an der Tankstelle über die Ablehnung von – Benzin verteuerndem – Umweltschutz zu missbrauchen. Letztlich aber wird es den Druck einer breiten Öffentlichkeit brauchen, um Klimaschutz durchzusetzen. Dieser Druck entsteht erfahrungsgemäß, wenn die Folgen überdeutlich sichtbar sind. Und das wird dann keiner gewollt haben.

* claus.reitan@furche.at

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