Lobautunnel Camp - ©  Foto: picturedesk.com / Karl Schöndorfer

LoBau-Stopp als nacktes Risiko

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Bundesministerin Gewessler kündigte das Aus für die Lobau-Autobahn an. Der Widerstand ist heftig. Darf sie so handeln, oder muss sie so handeln?

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Bundesministerin Gewessler kündigte das Aus für die Lobau-Autobahn an. Der Widerstand ist heftig. Darf sie so handeln, oder muss sie so handeln?

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Der Konflikt um die Lobau-Autobahn erinnert an den Streit um die dritte Piste am Flughafen Schwechat. Im Ergebnis lautete das weltweit beachtete, vom Verfassungsgerichtshof sehr schnell aufgehobene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts: „Da durch den Klimawandel mit schweren gesundheitlichen Schäden samt einer Zunahme von hitzebedingten Todesfällen sowie mit schweren Beeinträchtigungen der österreichischen Wirtschaft und Landwirtschaft zu rechnen ist und es durch das Vorhaben zu einem markanten Anstieg an Treibhausgasemissionen kommen wird, muss das öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens hinter das öffentliche Interesse am Schutz vor den negativen Folgen des Klimawandels und der Bodeninanspruchnahme zurücktreten.“

Am 1. Dezember begründete Bundesministerin Leonore Gewessler (Grüne) bei der Präsentation des Straßenbauprogramms „in Umsetzung des Regierungsprogramms“ das Aus für die 1,9 Milliarden Euro teure Lobau-Autobahn: „Unsere Kinder werden uns in zwanzig oder dreißig Jahren fragen: Was habt ihr gemacht, um das Klima zu retten? Und dann will ich sagen: Wir haben mutige Entscheidungen getroffen. Genau das tut der Klimacheck für das ASFINAG-Bauprogramm. Wir brauchen den Mut, heute Entscheidungen zu treffen, die auch morgen noch vernünftig sind.“ Zur Erinnerung: Die EU hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 ihre Treibhausgasemissionen zu halbieren und bis 2050 klimaneutral zu werden, die Bundesregierung strebt die Klimaneutralität bereits 2040 an. Dies ist eine enorme, vor allem physische Herausforderung. Unsere gegenwärtigen infrastrukturellen Festlegungen im Bereich Verkehr und Energie sind wichtige Richtungsentscheidungen.

Ministeranklage möglich?

Verschiedene Seiten unterstellen Frau Gewessler reine Klientelpolitik. Ihre Entscheidung wirft neben politischen auch viele rechtliche Fragen auf. Selbst die Möglichkeit einer Ministeranklage beim Verfassungsgerichtshof, einer Amtshaftungsklage oder einer Anzeige wegen Amtsmissbrauchs wird reflektiert. Wenn es beim Thema Klimaschutz konkret wird und mit Gewohnheiten gebrochen wird, ist Feuer am Dach. Seit dem für Österreich umwelt- und demokratiepolitisch bedeutsamen Konflikt um die Hainburger Au im Jahre 1984 bekennen sich Bund, Länder und Gemeinden zum umfassenden Umweltschutz, seit 2013 auch zum Tierschutz und zum Prinzip der Nachhaltigkeit bei der Nutzung der natürlichen Ressourcen, um auch zukünftigen Generationen bestmögliche Lebensqualität zu gewährleisten. Diese Staatsziele eignen sich bei der Frage Umfahrung des Nordostens Wiens bestenfalls als Reflexionsanleitung. Während das für die dritte Piste relevante Luftfahrtgesetz 64 Jahre alt ist, sind die Grundsätze und Rahmenbedingungen für hochrangige Straßenbauvorhaben im Bundesstraßengesetz 1971 definiert.

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