Post Corona: Weiter wie gehabt?
So desaströs die Corona-Pandemie auch ist – die Klimakrisen-Verdrängung ist noch katastrophaler. Warum es endlich Einschränkungen braucht. Ein Gastkommentar von Josef Christian Aigner.
So desaströs die Corona-Pandemie auch ist – die Klimakrisen-Verdrängung ist noch katastrophaler. Warum es endlich Einschränkungen braucht. Ein Gastkommentar von Josef Christian Aigner.
Alle reden nach wie vor von Corona. Eben wieder einmal der Bundeskanzler in einer medial groß angekündigten Rede, in der er „Licht am Ende des Tunnels“ und ein „Comeback“ für Sommer 2021 in Aussicht stellte, nämlich die „Rückkehr zur gewohnten Normalität“. Ganz am Rande erwähnte er dann auch „ökologische Anreize“. „Hilfe“, höre ich da eine innere Stimme: Comeback wovon? Auf substanzielle Veränderungen ökonomisch-ökologischer Art als Ergebnis der Lernprozesse aus der Krise wartete man umsonst. Es scheint weitgehend um die Aufholjagd zum gewohnten Niveau, kaum um qualitative Veränderungen zu gehen.
Hatte die Corona-Politik schon das drängende aktuelle Problem des Elends in Flüchtlingslagern, aus denen die ÖVP nicht einmal ein paar Kinder aufnehmen möchte, unsichtbar gemacht, so auch das noch gefährlichere Problem, gegen das es keinen Impfstoff und kein Medikament geben wird: die Klimakatastrophe. Kurz – bei Corona eher der Panikmache zugetan („100.000 Tote“) – tat auch alles für das Vergessen dieser Gefahr, wenn er etwa im Brüsseler EU-Milliarden-Poker Klimafonds-Gelder gegen nationale Rabatte verhökerte.
Längst fünf nach zwölf
In Anbetracht des nun schon jahrzehntelangen Geredes von „fünf vor zwölf“ müsste eigentlich längst klar sein, dass es in Wahrheit schon lange „fünf nach zwölf“ ist. Wer die Warnungen – etwa von EU-Parlamentarier Othmar Karas kürzlich in der FURCHE oder von Wissenschaftlerinnen wie Helga Kromp-Kolb – ernst nähme, müsste doch fragen, warum sich kaum jemand vergleichbar vor dieser viel bedrohlicheren Katastrophe fürchtet? Expert(inn)en sprechen schon jetzt von der Unvermeidbarkeit klimabedingter Energieversorgungs- und damit politischer Notlagen, weil das Ziel einer „nur“ 1,5-Celsius-Grad-Erderwärmung so nicht mehr erreichbar sei. Während man das drohende Ansteigen des Meeresspiegels, das ganze Inselvölker verschwinden lassen wird, leicht verdrängen kann, wenn man nicht am Meer lebt, müssten uns eigentlich Hitzewellen, Starkregen mit Murenabgängen, Wetterextreme, Dürre, ja Wassermangel sowie damit verbundene riesige Migrationsbewegungen samt sozialem Unfrieden viel mehr Angst machen. All dies zeichnet sich bereits ab.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!