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Der Elfenbeinturm ist ein klassisches Bild für einen geistigen Ort der Abgeschiedenheit vom Getriebe der Welt. Für die Wissenschaft jedoch ist dieses Bild zunehmend negativ besetzt. Die Kommunikation der neuesten Erkenntnisse in allgemeiner Verständlichkeit sowie die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung werden heute gerne als Herausforderungen für die wissenschaftliche Arbeit strapaziert. So wurde von der Europäischen Rektorenkonferenz schon vor einigen Jahren der Auftrag formuliert, dass Wissenschaft zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beitragen soll.

Die Wertschätzung von Wissenschaft freilich ist in Österreich noch verbesserungsfähig. In den letzten Jahren etwa zeigten europaweite Umfragen, dass Wissenschaft und Forschung von der Mehrheit der Österreicher als nicht bedeutsam für ihr Leben eingestuft werden. Dazu passt der Befund, dass Forschung oft wirkungslos bleibt, obwohl ihre konsequente Umsetzung dringend indiziert wäre. Der bislang unzureichende Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis stand kürzlich bei der Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Psychologie an der Universität Wien zur Debatte -insbesondere im Bereich der Bildungspsychologie. Wie das Schulwesen verstärkt von aktueller Forschung profitieren könnte, erörterte die Transferforscherin Barbara Schober in ihrem Vortrag (siehe Interview). Transferforschung analysiert die Bedingungen, die erforderlich sind, um wissenschaftliche Erkenntnisse erfolgreich in konkrete gesellschaftliche Handlungsfelder zu übersetzen.

Unkalkulierbare Kosten

Im Bildungssystem wäre das Ausblenden von gesichertem Wissen aus der Psychologie oder Bildungsökonomie jedenfalls mit unkalkulierbaren Kosten für Individuen und die Gesellschaft verbunden: Bildungserfolg gilt gemäß zahlreichen Studien als eine der besten Variablen, um Gesundheit, Jobzufriedenheit und subjektiven Lebenserfolg vorherzusagen. Und eine hohe Bildungsqualität zeigt einen signifikant positiven Effekt auf das Wirtschaftswachstum. Ein groß angelegtes Forschungsprojekt an der deutschen Bertelsmann-Stiftung etwa beleuchtet die "Folgekosten unzureichender Bildung": Denn Bildung entscheidet über künftige Lebenseinkommen und damit etwa über die Höhe von Steuerzahlungen oder Einzahlungen in soziale Sicherungssysteme. Zudem spielt der Bildungsstand auch für das Risiko, von finanziellen Zuwendungen des Staates abhängig zu werden, eine erhebliche Rolle. Bildung gilt ebenso als wichtiger Schutzfaktor, um das Abgleiten in die Kriminalität zu verhindern.

Bereits vor vier Jahren konstatierte ein OECD-Report, dass schon relativ geringe Verbesserungen im Bildungsstandard der Arbeitskräfte eines Staates einen großen und auch nachhaltigen Einfluss auf dessen wirtschaftliches Wohlergehen in der Zukunft zeigen. Vor diesem Hintergrund, so das Fazit der OECD, erscheint der ausbleibende Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis als finanziell nicht mehr tragbarer Luxus.

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