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Forschung für die Wirtschaft
Bringt uns die Forschung das irdische Paradies oder bringt sie uns — um? Dieses Wortspiel scheint zur zentralen Frage des 20. Jahrhunderts zu werden. Nichts greift radikaler in das Leben der Menschen und der Staaten ein als die Forschung. Nichts eröffnet so kühne, aber auch so beklemmende Perspektiven wie die Forschung. Kontrollieren wir noch die technologische Entwicklung oder überrollt sie uns bereits?
Bringt uns die Forschung das irdische Paradies oder bringt sie uns — um? Dieses Wortspiel scheint zur zentralen Frage des 20. Jahrhunderts zu werden. Nichts greift radikaler in das Leben der Menschen und der Staaten ein als die Forschung. Nichts eröffnet so kühne, aber auch so beklemmende Perspektiven wie die Forschung. Kontrollieren wir noch die technologische Entwicklung oder überrollt sie uns bereits?
In Österreich gibt es seit einigen Jahren zaghafte Hinweise darauf, daß bei den politischen Machtträgem die Erkenntnis eingezogen ist, welche Bedeutung die Wissenschaft tatsächlich besitzt. Zunächst durch die Gründung der Aktion 20 der Volkspartei und dann durch die Heranziehung von Fachleuten für die Erarbeitung sozialistischer Konzepte wiesen die beiden großen Parteien der Wissenschaft einen anderen Platz zu, als bloß ein mehr oder minder notwendiger Ausgabenposten des Budgets zu sein. Politik für die Wissenschaft, für die wissenschaftlichen Führungskräfte unseres Landes, und Politik durch die Wissenschaft, durch die politische und wirtschaftliche Anwendung der wissenschaftlichen Forschungsergebnisse — diese entscheidende Akzentverschiebung hat in Österreich noch nicht stattgefunden, obwohl heute die ökonomische Gretchenfrage der einzelnen Staaten lautet: Wie hast du's mit der Forschung?
Daß Österreich gegenüber der internationalen Entwicklung noch nachhinkt, zeigen die Statistiken der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit der Industriestaaten der freien Welt. In der OECD selbst nimmt die Wissenschaftspolitik einen immer gewichtigeren Rang ein, wie aus einem Exklusivinterview hervorgeht, das der Leiter der wissenschaftspolitischen Abteilung der OECD, Generaldirektor King, kürzlich einigen österreichischen Journalisten in Paris gab. Seit Anfang der sechziger Jahre beschäftigt sich die OECD mit wissenschaftspolitischen Fragen. Wirtschaftliche und wissenschaftliche Entwicklungen lassen sich weder in ihren Vorteilen noch in ihren Schattenseiten trennen. Wie King sowie der österreichische OECD-Botschafter Dr. Bobleter mitteilten, wird der Ministerrat der OECD am 22. Mai dieses Jahres den Versuch, Wirtschaftswachstum und Umwelteinflüsse in einen Problemkomplex zu integrieren, zu einem neuen Arbeitsziel der OECD erklären.
Erziehung und Forschung sind heute die maßgeblichen Komponenten für das Wachstum einer nationalen Wirtschaft. Nach einer amerikanischen Untersuchung geht der gigantische wirtschaftliche Fortschritt der USA seit 1900 nur zu 40 Prozent auf die „traditionellen“ Faktoren Arbeit und Kapital zurück. Mit 60 Prozent hingegen sind Erziehung und Forschung an diesem Erfolg beteiligt. Die wirtschaftliche Überlegenheit der USA über Europa resultiert also nur zu einem kleineren Teil aus der höheren Finanzkraft, in der Hauptsache jedoch aus dem wissenschaftlichen Vorsprung. Die USA verfügen auch im nichtmilitärischen Bereich über weit mehr ausgebildete Wissenschaftler und Techniker als Europa. Die OECD betrachtet es als eine ihrer Aufgaben, das „technological-gap“ zwischen Alter und Neuer Welt zu verringern, und hat für die europäischen Staaten eine Reihe von Vorschlägen entwickelt: • Schaffung eines Wissenschaftspolitischen Zentrums in jedem Land,
• Anerkennung der Wissenschaftspolitik als Regierungsaufgabe (in der Endphase mit einem eigenen Wissenschaftsminister),
• Verlagerung des Schwergewichts von der Grundlagenforschung zur technologischen Forschung,
• engere Zusammenarbeit nicht nur zwischen Wissenschaft und Politik (wozu es in Europa schon viele Ansätze gibt), sondern vor allem zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.
Weil der Bedarf an Forschungsergebnissen jedoch immer die ökonomischen und personellen Möglichkeiten der einzelnen europäischen Staaten, besonders der kleinen Länder, wie Österreich, übersteigt, muß sich Europa zu einer Aufgabenteilung für Detailprojekte und zu einer Kostenteilung für Großprojekte bereit finden.
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