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Österreichs Forschung entdeckt den südosteuropäischen Raum. Es wächst die Zahl der zukunftsträchtigen Kooperationen mit Einrichtungen in den Ländern, die sich auf eine EU-Mitgliedschaft vorbereiten.

Als Politiker schäme ich mich, um Hilfe bitten zu müssen." Als Viktor Stefov vom mazedonischen Bildungs- und Wissenschaftsministerium seine Präsentation beendet, wird es still im Raum. Wurden zuvor noch innovative Projekte und neue bilaterale Abkommen zwischen Österreich und südosteuropäischen Ländern vorgestellt, kehrt der Mazedonier auf den Boden der Realität zurück. Bis vor kurzem war Südosteuropa ein weißer Fleck auf der Landkarte, keiner schien die Nachbarn in Sachen Forschung und Entwicklung ernst zu nehmen. Das soll sich nun durch zahlreiche Projekte ändern.

Gemeinsame Stärken

"Kooperationen mit Südosteuropa - Programme, Projekte, Initiativen", so der Titel einer Sonderveranstaltung im Rahmen der Alpbacher Technologiegespräche, bei der österreichische Vertreter aus Bildung und Forschung sowie Gäste aus Mazedonien, Rumänien und Bulgarien neue Kooperationen vorstellten.

Dass die Zukunft der westlichen Balkanländer und der benachbarten Länder Rumänien und Bulgarien in der Europäischen Union liegt, hat auch der Europäische Ministerrat von Thessaloniki im Juni dieses Jahres bekräftigt. Eingebettet in das Sechste Rahmenprogramm für die Forschung und technologische Entwicklung in Europa (FP-6) sorgen nun etliche Initiativen dafür, das innovative Potenzial der Nachbarn zu nutzen und ihnen wirtschaftlich auf die Sprünge zu helfen. So etwa das South-East-European ERA-NET, ein "Frischling", der gerade seine fünfjährige Laufbahn beschritten hat. Gesamtbudget: 2,6 Millionen Euro.

Diese Mittel werden vom Zentrum für Soziale Innovation (ZSI) verwaltet und an die Partnerländer verteilt. Das Programm soll Kooperationen in den unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen fördern, wobei der Fokus in den Sparten Informations- und Biotechnologie sowie Landwirtschaft liegt. "Eine der Aufgaben wird sein, die vielen Projekte zu identifizieren. Denn was nützt es, wenn Österreich und Slowenien ein tolles Projekt im Bereich Biotechnologie haben und die Griechen und Bulgaren im gleichen Bereich forschen? Einer alleine wird auf europäischer Ebene nichts erreichen, wenn aber alle vier gemeinsam ein Projekt einreichen, könnte es auf europäischer Ebene weiterlaufen", so Klaus Schuch, kaufmännischer Leiter des ZSI.

Er setzt auf das Know-How der Leute und würde es begrüßen, auch im Bereich Tourismus mehr Forschung zu betreiben. Denn Kapazitäten gäbe es bereits, Kroatien sei ein gutes Beispiel dafür. "Aber wer fährt schon als Tourist in den Kosovo oder nach Albanien?"

In Übereinstimmung mit dem vom Europäischen Ministerrat in Thessaloniki beschlossenen Aktionsplan "Westlicher Balkan" hat die "Austrian Development Cooperation" des Außenministeriums ein spezielles Programm für Hochschulausbildung in Südosteuropa entwickelt. Das Besondere daran: Die Gelder werden direkt an die Universitäten verteilt und etwa für die Entwicklung neuer Kurse, Lehrpläne und Lehrmethoden verwendet.

Universitätsreformen werden an der Universität in Skopje wie auch an der Universität in Kosovska Mitrovica, einem kleinen serbischen Teil des Kosovo, durchgeführt. Dort ist ein österreichischer Experte bereits seit drei Jahren damit beschäftigt, völlig neue Universitätsstatuten zu entwerfen - "natürlich gemeinsam mit den dortigen Führungsgremien", wie Hans-Jörg Hummer, Koordinator des Projekts, betont.

Einen engen Austausch in der universitären Forschung pflegt Österreich auch mit Bulgarien. "Wir haben herausgefunden, dass wir im Bereich Informationstechnologie ähnliche Projekte führen wie die Österreicher", so Iulia Mihail vom Ministerium für Bildung und Forschung in Rumänien. Diese Synergien galt es zu nutzen: Forscher der Universität Linz haben gemeinsam mit Forschern der Universität Timisoara das "Institute e-Austria" gegründet. In der rumänischen Industriestadt Timisoara entwickeln sie unter anderem Soft- und Hardware im Auftrag von Firmen der Region. Ab 2005 soll das Projekt zu einem IT-park, einer Anlage für Informationstechnologie, ausgebaut werden. "Wir hoffen, es wird ein Erfolg", so Iulia Mihail.

Ausbau der Beziehungen

Von solchen Programmen kann ihr mazedonischer Kollege Viktor Stefov nur träumen: "Wir sind derzeit beschäftigt, die politische Lage zu stabilisieren, da bleibt nicht einmal Zeit, an die Wirtschaft zu denken. Die technologische Infrastruktur ist in äußerst schlechtem Zustand. Wir haben eben zwölf Jahre lang in viele Dinge investiert, nur nicht in Forschung und Entwicklung." Österreich greift Mazedonien nun unter die Arme. Stefov ist von der Kooperation überzeugt: "Wir werden mit zwei großen Projekten starten, Österreich unterstützt uns dabei in den wesentlichen Dingen."

Seine lange Tradition guter Beziehungen zu Südosteuropa kann Österreich nun weiter ausbauen. Einen weiteren Ansporn liefert die EU-Ratspräsidentschaft 2006. In der Wahrnehmung vieler Südosteuropäer ist Österreich der erste EU-Partner. Auch in Kroatien und Serbien-Montenegro gilt das Land als Eingangstor in die EU. Von der Kooperation in Forschung und Entwicklung werden beide Seiten profitieren, denn nicht zuletzt ist die Zusammenarbeit ein kultureller Austausch.

Die Autorin ist freie Journalistin.

Zum Thema

Mit dem FP-6, dem Sechsten Rahmenprogramm für die Forschung und technologische Entwicklung in Europa, soll ein "echter europäischer Forschungsraum" verwirklicht werden. Die Europäische Union fördert seit 1984 durch mehrjährige Rahmenprogramme Kooperationen in Forschung und technologischer Entwicklung. Gegenwärtig ist das sechste Rahmenprogramm in Kraft.

Das South East-European ERA-NET (SEE-ERA-NET) versteht sich als bilaterale Kooperation in Bildung und Forschung mit südosteuropäischen Ländern. Es wird in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (BMBWK), dem Zentrum für Soziale Innovation sowie weiteren Ministerien und Forschungsinstituten aus ganz Europa durchgeführt.

Das MOEL Plus Programm der Österreichischen Forschungsgemeinschaft (ÖFG) soll die Asymmetrie im Forschungsaustausch ausbalancieren: Österreichische Wissenschaftler können für Forschungsaufenthalte in einem südosteuropäischen Land Stipendien beziehen. Ziel ist es, Südosteuropa für Forscher attraktiv zu machen und längerfristige Netzwerke zu fördern. Finanziert wird das Programm vom BMBWK.

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