Pannonisches für die EU

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Zuerst Grenzland zum Westen, dann zum Osten und jetzt dabei, in die Mitte der EU zu rücken. Dabei sollte nicht nur Wirtschaftliches im Vordergrund stehen.

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Zuerst Grenzland zum Westen, dann zum Osten und jetzt dabei, in die Mitte der EU zu rücken. Dabei sollte nicht nur Wirtschaftliches im Vordergrund stehen.

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Nach über tausend Jahren ungarischer Herrschaft stieß 1921 das Burgenland zu Österreich. Das alte Grenzland zum Westen wurde ein Grenzland zum Osten, dessen Abgeschiedenheit eine ganz eigene und lebendige Lebensart formte. Politisch gehört das Burgenland zum Westen und bekommt als "Rand-Existenz" seine politischen Handlungskriterien aus dem westlichen Brüssel - jedoch als Stimmungsregion gehört es dem östlichen Pannonien an, einer stillen und sehr warmen Gegend, wo zu Mittag noch Gott Pan regiert und am Abend der Gesang.

Doch die Zeiten pannonischer Gestimmtheit könnten langsam in die Sphäre der Erinnerung rücken. Das Projekt Europäische Union beinhaltet auch, dass jede Region seine Wirtschaftsleistung einem europäischen Durchschnitt anpasst. Die Kräfte des Faktischen, entfesselt durch das Anpeilen eines wirtschaftlich geeinten Europas, fordern die Mobilmachung burgenländischer Ressourcen. Die Produktivkräfte Burgenlands müssen gesteigert werden, will es mit den anderen Regionen EU-Europas einigermaßen kompatibel sein.

Damit die Kompatibilität erreicht wird, hat die EU eine entsprechende Strukturpolitik entworfen, deren Strategien im sogenannten "Einheitlichen Programmplanungsdokument", EPPD, festgehalten sind. Gemäß diesem Dokument wurde das Burgenland bereits zwischen 1995 und 1999 als Ziel 1-Region mit 23 Milliarden Schilling gefördert, weil es mit seinem Bruttoinlandsprodukt noch unter 75 Prozent des EU-Durchschnittes lag. Die Mittel flossen kräftig in Industrie, Handel, Tourismus und Landwirtschaft. Sie sollten wirtschaftliche Disparitäten verringern und den Lebensstandard innerhalb Burgenlands homogener machen. Vereinfacht gesagt: keine Senkgrube neben einer Kanalisation.

Mit dem neuen nun vorliegenden EPPD für die Periode 2000 bis 2006 erhält das Burgenland weitere 21 Milliarden Schilling. Damit will man das Land zu einer modernen zentraleuropäischen Region ausbauen, seine Wirtschaftskapazitäten weiter aufrüsten, straffer, zielgerichteter und fortschrittlicher werden. Hinzu kommt, dass das Burgenland die Schnittstelle eines sich nach Osten erweiternden EU-Marktes ist. Folgende Leitziele und Strategien sind daher für die zweite Ziel 1-Förderperiode des Burgenlandes vorgesehen: * Schaffung beziehungsweise Sicherung von 4750 Arbeitsplätzen; * Gründung von 700 Unternehmen; * Zunahme der qualifizierten Arbeitsplätze in den Bereichen Informationstechnologie sowie in wirtschaftsnahen Dienstleistungen; * Ausbau von Kompetenzzentren für den Technologietransfer; * Sicherung der natürlichen Ressourcen als Basis der Sozial- und Wirtschaftsentwicklung; * Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit durch eine leistungsfähige Anbindung an das europäische hochrangige Verkehrsnetz; * Vorbereitung auf die EU-Erweiterung durch Anpassung an den Strukturwandel; Der eigentliche Arbeitsschwerpunkt der zweiten Ziel 1-Periode ist jedoch die Vorbereitung der EU-Erweiterung: Damit der Übergang zum gemeinsamen Wirtschaftsraum gelingt, hat man mit der 1998 gegründeten Euregio eine Plattform für die Kooperation mit den Komitaten Westungarns geschaffen. Für die Kooperation mit Ungarn und der Slowakei sind zusätzliche Interreg-Gelder aus der EU in der Höhe von 300 Millionen Schilling für die zweite Ziel 1-Periode vorgesehen. Die Ausrichtung wird im Interreg-Programm folgendermaßen definiert: "Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen benachbarten Gebietskörperschaften zielt darauf ab, auf der Grundlage gemeinsamer Strategien für eine nachhaltige räumliche Entwicklung das Entstehen grenzübergreifender wirtschaftlicher und sozialer 'Pole' zu fördern".

Ein weiterer Schwerpunkt der zweiten Ziel 1-Periode ist die Errichtung von vier Technologiezentren. Überdies ist der Ausbau des Technologiezentrums Eisenstadt geplant, das mit Mitte 2001 das größte Österreichs sein soll. Ziel des Technologiezentrums ist es - noch intensiver als bisher - die Fachhochschulen und die HTBLA in Eisenstadt einzubinden, um geeignete Spezialisten für die ansässigen Unternehmen heranzubilden und gründungswillige Absolventen beim Aufbau ihres Unternehmens zu unterstützen und am Standort Eisenstadt anzusiedeln. Das Schlüsselwort lautet: Qualifikationsbedarf.

Das Planungsdokument ist eine Strategie, um Human- und Naturressourcen des Burgenlands für eine höhere Wirtschaftsleistung in den Dienst zu stellen. Natur und Menschen des Burgenlandes werden hier unter der Perspektive des Nutzens für die wirtschaftliche Entwicklung gesehen.

Daneben sollte aber jene Strategie nicht zu kurz kommen, mit der der einzigartige Charakter des Burgenlandes und seiner Menschen in die gesamte EU eingebracht werden kann. Dieses Ziel und noch mehr seine Umsetzung lässt sich nicht leicht in Planungsdokumenten fassen. Leitmotiv kann aber hier wie auch andernorts nur sein: "Europa eine - in diesem Fall auch burgenländische - Seele zu geben".

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