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Kraftreserven haben junge für den Wandel Unternehmen

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Die starke Position der oberösterreichischen Wirtschaft innerhalb Österreichs (siehe Kasten) ist die Folge einer langen Entwicklung. Oberösterreich, dessen Wirtschaft in den letzten Jahrzehnten im Durchschnitt schneller gewachsen ist als die österreichische, konnte als „Industrieland“ vom langen Aufschwung der Nachkriegsjahre, wenn auch nicht automatisch, sondern mit beherztem Zutun der Unternehmer, Mitarbeiter und Wirtschaftspolitiker, kräftig profitieren.

Die wirtschaftliche Umwelt hat sich mittlerweile aber auch für

Oberösterreich geändert. Das Land steht ebenso vor der Notwendigkeit struktureller Änderungen wie die österreichische Wirtschaft überhaupt.

Es gibt auch in diesem Bundesland einige Symptome für strukturelle Umstellungen, die von niemandem übersehen werden können. Dazu gehören Probleme der verstaatlichten Industrie, die Oberösterreich in besonderem Maße betreffen, der jährliche Abfluß von zirka 2,3 Milliarden Schilling Konsumaufgaben in das Nachbarland Bayern — fast vier Prozent des oberösterreichischen Handelsumsatzes — oder die in letzter Zeit auffallend starke Konjunktur- und Wetterempfindlichkeit des Fremdenverkehrs.

Dennoch sollten die Strukturprobleme der oberösterreichischen Wirtschaft nicht überschätzt werden. Es ist interessant und für manche überraschend, daß die Probleme der verstaatlichten Industrie bisher relativ wenig Auswirkung auf den Arbeitsmarkt gehabt haben. Die Arbeitslosenrate liegt in Oberösterreich mit einem Wert von 3,8 Prozent im vergangenen Juli immer noch unter dem österreichdurchschnitt.

Einige mittlere und zum Teil größere private Betriebe haben sich in letzter Zeit besonders gut entwickelt, die oberösterreichische Wirtschaft hat sich auf den Exportmärkten recht gut behauptet, und viele Unternehmer klagen über einen Mangel an Fachkräften.

Das Problem der Kaufkraftabflüsse nach Bayern (S. 16) ist insofern kein „hausgemachtes“ oberösterreichisches Strukturproblem, als es hauptsächlich durch in ganz Österreich gleiche Rahmenbedingungen auf den Konsumgütermärkten, wie etwa Marktregelungen bei Importwaren und steuerlichen Fragen, bedingt ist.

Die Probleme im Fremdenverkehr haben eine deutliche, regionsspezifische Strukturkomponente, können aber durch wohlüberlegte aktuelle Maßnahmen der Fremdenverkehrspolitik in Oberösterreich, zum Beispiel die

Verbesserung der Infrastruktur für den Winterfremdenverkehr, wenigstens teilweise gemildert werden.

Offensichtlich hat die oberösterreichische Wirtschaft genügend Kraftreserven für Strukturveränderungen. Sie ist durch Produkte, Branchen, Größenklassen der Betriebe, ihre Absatzmärkte und ihre Eigentümerstruktur ausreichend diversifiziert, um Störungen in einzelnen Bereichen abfangen zu können.

Trotz einer bedeutenden Großindustrie ist der oberösterreichische Wirtschaftsraum insbesondere auch der Zentralraum Vöcklabruck-Wels-Linz-Enns-Steyr, nicht sklerotisch geworden, sondern seinem Typ nach ein junger Industrieraum geblieben.

Auch in Oberösterreich kann man die neuen wirtschaftlichen Probleme nicht mit alten Methoden lösen. Mit der „Staatsvertragsförderung“, einer gemeinsamen Wirtschaftsförderungsak-tion von Bund und Land für strukturschwache Gebiete in Oberösterreich, hat das Land seit 1984 zusätzlich zur üblichen Wirtschaftsförderung ein breitenwirksames Basisinstrument zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur angeboten.

Im Rahmen der gemeinsamen Regionalförderung mit dem Bund wurden seit 1984 ein Kreditvolumen von etwa zwei Milliarden Schilling und damit ein Investitionsvolumen von über fünf Milliarden Schilling gefördert. Etwa 4.500 neue Arbeitsplätze stehen mit dieser Aktion in Zusammenhang.

Die gemeinsame Regionalförderung des Landes mit dem Bund hat den Spielraum der Wirtschaftspolitik für speziellere Maßnahmen beträchtlich erweitert. Die Handelskammer Oberösterreich beispielsweise hat ihre Wirtschaftspolitik schon Anfang der achtziger Jahre auf Innovation- und Strukturpolitik umgestellt. So wurde das Linzer Inno-vations- und Gründerzentrum eingerichtet, die Exportberatung ausgedehnt, die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft intensiviert.

Selbstverständlich hängt auch die Entwicklung der oberösterreichischen Wirtschaft eng mit einigen wirtschaftlichen Grundfragen auf Bundesebene zusammen. Zu diesen gehören die Budgetsanierung und die Steuerreform, eine klare marktwirtschaftliche Wettbewerbspolitik, eine flexiblere Gestaltung rechtlicher Rahmenbedingungen für Unternehmer und die stärkere Verankerung unternehmerischen Denkens als Lebenshaltung. Das generelle Umschwenken der Wirtschaftspolitik von der Globalsteuerung zur Strukturpolitik schafft aber für die Wirtschaftspolitik in den Bundesländern einen stark vergrößerten Handlungsspielraum.

In Oberösterreich ist dieser Spielraum zwar schon vielfach genützt worden, doch besteht kein Mangel an Ideen darüber, welche wirtschaftspolitischen Maßnahmen noch ergriffen werden könnten.

Beispiele dafür sind: eine weitere Intensivierung des Wissensund Technologietransfers zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, der Ausbau von Informationsnetzen, ein differenzierteres Angebot an Risikokapital einschließlich der fachgerechten Anwendung neuerer Finanzierungsmodelle, eine Ausweitung der mittleren und höheren technischen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, eine stärkere Förderung von Direktinvestitionen heimischer Unternehmer im Ausland, der verstärkte Einbau des Umweltschutzes in die Produktion und so weiter.

Alle diese Maßnahmen können dem Konzept einer marktwirtschaftlichen Strukturpolitik zugerechnet werden. Dies bedeutet auch für die oberösterreichische Wirtschaftspolitik, daß sie sich, um den Strukturwandel zu fördern, hauptsächlich mit der Setzung günstiger Rahmenbedingungen für die Unternehmer be-faßt und weiterhin befassen soll. Die Entwicklung einer „neuen“ Infrastruktur gehört dabei zu den Hauptinstrumenten.

Der Autor ist Leiter der wirtschaftspolitischen Abteilung der Handelskammer Oberösterreich.

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