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Flexibilität dank Mittelstand

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Regionale Wirtschaftspolitik hat im wesentlichen drei Ziele im Auge: Sie will die Wachstumsreserven mobilisieren, sektorale und konjunkturelle Gefährdungen in den Regionen vermeiden helfen und für weitgehende Chancengleichheit in bezug auf Arbeits- und Einkommensmöglichkeiten sorgen. Beispiele stark geförderter Regionen zeigen aber, daß staatliche Hilfen allein zur Erreichung der Ziele nicht ausreichen. Grundvoraussetzung für eine relativ ausgeglichene Regionalstruktur ist eine Reihe von Faktoren, zu denen gerade in Salzburg die Dominanz der mittelständischen Wirtschaft zählt.

Zunächst die Frage nach Erfüllung des wachstumspolitischen Zieles für das Bundesland Salzburg: 1983 wurde ein Bruttoregio-nalprodukt von rund 76 Milliarden Schilling erzielt. Damit hat es sich in den beiden vergangenen Jahrzehnten mehr als verachtfacht, während das gesamtösterreichische Bruttoinlandsprodukt nur um wenig mehr als das Sechsfache anstieg. Die Kopfquote des Salzburger Regionalproduktes betrug 1983 rund 180.000 Schilling, im österreichischen Durchschnitt lag sie bei 160.000 Schilling.

An dieser Entwicklung Salzburgs zur wirtschaftlichen Aktivzone haben allerdings nicht alle Regionen gleichermaßen Anteil. Der Zentralraum um die Landeshauptstadt mit seinen übergeordneten Versorgungs- und Verwaltungsfunktionen spielt naturgemäß eine dominierende Rolle. Entsprechend ist hier auch das Subregionalprodukt höher. Daß die Gebirgsgaue hier nicht unumschränkt mithalten können, ist klar. Trotzdem ist es gerade dank der mittelständischen Wirtschaftsstruktur gelungen, auch sogenannte „Problemregionen"am steigenden Wohlstand des Landes teilhaben zu lassen.

Die Landespolitik tut das ihrige durch gezielte Förderungen dazu. Erst in den letzten Monaten wurden sowohl für den Oberpinzgau als auch für den Lungau Sonderförderungsprogramme geschaffen, die gemeinsam von Land und Bund durchgeführt werden.

Was das zweite Ziel betrifft, so konnte sich Salzburg durch das Wirtschaftsforschungsinstitut in den siebziger Jahren bestätigen lassen, daß die Wirtschaft des Landes Krisenzeiten ohne größere sektorale und konjunkturelle Gefährdungen durchzustehen vermochte. Die Wirtschaftsforscher bestätigten vor allem, daß die Klein- und Mittelbetriebe sich als flexibler erwiesen als so manches Großunternehmen. Natürlich darf man dabei nicht außer acht lassen, daß Salzburg nicht durch veraltete Industrien belastet ist und daß es auch keinen verstaatlichten Sektor gibt, der anderswo — siehe Obersteiermark oder Region Steyr — schwere regionalpolitische Probleme mit sich gebracht hat. Salzburg profitiert auch von seiner geographischen Lage, die das Land zum Handels- und Verkehrszentrum macht, und von einem stark prosperierenden tertiären Sektor, der 63,9 Prozent des gesamten Bruttoregionalproduktes erbringt.

Das dritte Ziel, das auf wirtschaftliche „Chancengleichheit" zielt, liefert Anlaß für die meisten politischen Diskussionen. Absolute Chancengleichheit kann es in der Gesellschaft insgesamt und daher auch zwischen den verschiedenen Regionen nicht geben. Dazu sind die natürlichen Gegebenheiten einfach zu unterschiedlich. Die Stadt im Schnittpunkt von Verkehrsadern wird naturgemäß besser abschneiden als das Dorf an der Grenze.

Diese Unterschiede in der Ausgangsposition schlagen sich bei den wichtigsten Kennzahlen auch entsprechend nieder: Die Einkommen liegen im Schnitt in Randlagen meist unter denen in den Kernzonen, die Arbeitslosenraten darüber. Betrachtet man die entsprechenden Werte für Salzburg, muß man zunächst verdeutlichen, daß die Arbeitsmarktpolitik zwischen 1969 und 1983 außerordentlich erfolgreich war. Die Zahl der unselbständig Beschäftigten ist in Salzburg von 1969 bis 1983 von 130.000 auf 180.000 gestiegen. In den nächsten Jahren sollen 8.000 weitere Arbeitsplätze dazukommen.

Dabei soll gar nicht verschwiegen werden, daß es regionale Probleme gibt. Der Lungau etwa verzeichnete in den letzten beiden Wintern überaus hohe Arbeitslosenraten, die vor allem durch die große Zahl an Bauarbeitern hervorgerufen wurden, die im Winter in den Gebirgsgauen keine Beschäftigung finden.

Hier Abhilfe zu schaffen, ist eine Aufgabe über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Eine sehr positive Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Salzburger Be-triebsansiedlungsgesellschaft, die schon 35 Betriebe ins Land geholt hat. In der Endausbauphase werden sie 2.400 Mitarbeitern zusätzlich Beschäftigung geben. Ein großer Teil der Ansiedlungserf ol-ge wurde im übrigen in den Gebirgsgauen erzielt.

Bleibt schließlich noch die Einkommenssituation. Es gibt auch hier ein Nord-Süd-Gefälle, wobei in der Landeshauptstadt höhere Löhne bezahlt werden als etwa in Mittersill. Freilich kann man nicht nur die blanken Zahlen vergleichen. Dies dürfte vor allem in einer Zeit nicht schwerfallen, in der ideelle Werte oft höher eingestuft werden als materielle. Ein Diskussionsteilnehmer beim Zukunftskollegium Nationalpark Hohe Tauern hat recht klar formuliert, was damit gemeint ist: „Wenn im Oberpinzgau auch noch die gleichen Löhne gezahlt würden wie in der Landeshauptstadt, dann gäbe es keine Gefahr, daß jemand abwandert, dann bestünde akute Gefahr der Uberbevölkerung".

Der Autor ist Präsident der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Salzburg.

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